Blatt #125 | KW
39/2020
Puch Motor für den Estaric
Ich hab im
vorigen Blatt das
Thema Puch-Motoren & Luftfahrt angerissen. In der
Ikarier-Projektleiste gibt es eine kleine Erörterung der
rasanten Leistungssteiegerungen gerade in jenem Zeitfenster: [Link] Wir wissen nicht viel über den 24 HP Puch-Motor, den die
Renner-Buben für ihren Estaric zur Verfügung hatten. Zu
der Zeit hatte Ferdinand Porsche für Austro-Daimler
schon einen Flug-Motor konstruiert.
Ab 1910 gab es
für das Militär den Austro-Daimler Aeroplanmotor Typ 6, der rund
65 PS leistete. Porsches Arbeit führte 1912 zu einem 100 PS
starken Motor. Ich nehme an, Altmeister Puch sah, was da kam und
wollte sich dieses Geschäftsfeld nicht entgehen lassen.
Ein 200 PS starker Austro-Daimler Flugzeugmotor von 1916 (Foto:
Wolfgang Sauber, Ausschnitt, CC BY-SA 3.0)
In einer Zeichnung aus der
Illustrierten Kronen Zeitung, 19.10.1909 kommt der
Puch-Motor im Estaric vor. Am 10.10.1909 hatte die AAZ
übrigens schon eine Fotographie veröffentlicht, die uns das Triebwerk
zeigt.
Da ging dann aber in Graz nichts weiter. Der
Altmeister starb relativ bald nachdem die Renner-Buben ihre
Erfahrungen mit der Fliegerei gemacht hatten und Louis Bleriot
mit seinem Eindecker in Wien gelandet war.
Puchs Leben
endete am
19. Juli 1914. Sein Freund, der Feldpilot und Luftfahrpionier
Eduard Nittner, kam am 17. 2. 1913 bei einem Absturz ums Leben.
Im Jahr 1928 fusionierten die Puchwerke AG und
Austro-Daimler, damit war das Thema Flugzeugmotoren in Graz
vom Tisch.
Zeichnung aus der Illustrierten
Kronen Zeitung, 19.10.1909 [Vollbild]
Börsenspekulant Camillo Castiglioni wollte die Puchwerke
liquidieren. Doch der junge Ingenieur Giovanni Marcellino riet,
dort eine Zweiradproduktion aufzuziehen. So kam es auch.
Marcellino war später der Geschäftspartner von Vater Ferdinand
Lanner, dessen Sohn Ferdinand Micha Lanner mir mit seinem Wissen
über manche Hürde hilft. (Zur Orientierung: da wäre dann auch
noch der schon erwähnte Rennfahrer, Großvater Ferdinand Lanner.)
Der Puch-Motor des Estaric, AAZ vom
10.10,1909
Micha Lanner zu meinen Ausführungen: „Leider hatte Puch kein
Geld und keine Kapazität (zu viele Aufträge) übrig, um diesen
1909er Wagen abzulösen. Bis 1911 waren es die selben Wagen, nur
modifiziert. Was letztlich auch der Grund war, den Thurn & Taxis
Pokal (Wertung drei Jahre, 1909-1911) an Laurin & Klement zu
verlieren. Hieronimus hatte 1911 moderne Rennwagen am Start,
gewann, obwohl Puch 1910 noch führte. Nebenbei: der Wagen
auf dem Bild mit
meinem Großvater und Herrn Puch [voriger
Eintrag] war auch noch eines dieser 1909er Autos.“
Werbung in der AAZ vom März 1911 [Das
vollständige Inserat]
Lanner weiter: „Puch fing damals an, groß zu werden. Die
hatten keine Lust mehr, Rennen zu fahren. Nach 1911 war's auch
ganz zu Ende. Werbeträger hin oder her, das Geschäft boomte auch
so. Noch dazu: Juli 1911, also mit einem drei Jahre alten,
lediglich weiter entwickeltem Fahrzeug. Man muß sich das
vorstellen: 103 km/h DURCHSCHNITT! Über eine 20 Kilometer lange
Strecke! Auf einer damaligen Landstraße! Schotter. Krumme
Fahrbahnen. Zitat: gebirgiger, kurvenreicher Straße…“
Plomben lockern für Fortgeschrittene [Das vollständige Inserat]
Diese eigentümliche Ära! Im Jahr 1906 war Fred Marriott mit dem
dampfgetriebenen Stanley Rocket (Stanley Steamer) über
200 km/h schnell. 1911 fuhr Bob Burman mit einem
Blitzen-Benz auf dem Daytona Beach über die 220 km/h
hinaus. Diese Rendezvous mit dem Speed Demon rissen seither nie
mehr ab.
Es reicht von Motorradrennen wie der Isle of
Man TT (ab dem 28. Mai 1907) bis zu den legendären Fahrten
von Ab Jenkins. Er begründete mit seinem Mormon Meteor in den
1920ern die Tradition der bis heute laufenden Rekordfahrten auf
den Salzseen von Bonneville (Utah, USA).
Wer gegen dieses
Thema vernünftige Einwände vorbringt, wirft sich gegen einen
Mythos, an dessen Beginn im alten Griechenland Phaeton,
der Sohn des Sonnengottes Helios stand. (Es scheint mir ein
wenig aussichtslos, gegen eine Mythos rational zu
argumentieren.)
-- [Wir
Ikarier] --
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