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Ich hab im ersten Eintrag folgende zwei Frage notiert:
a) Wie soll man wohnen?
b) Wie kann man über Architektur reden?

Warum sind das für mich vorrangige Fragen?

Die Vorstellungen vom "besten Wohnen" sind doch landläufig sehr vom Motiv "Häuschen mit Garten" dominiert. (Ein Echo des Motivs "Schloß mit Park"?) Nun hat sich in westlichen Gesellschaften während der letzten 50 Jahre der Bedarf an bewohnbaren Flächen etwa verdreifacht.

Nicht bloß Österreich, die ganze Erde wäre viel zu klein, wenn alle Menschen den gleichen Traum träumen würden. Aber selbst jene, die ihn heute hegeb, würden in Summe wohl jede Landesgrenze sprengen. Ich halte nun den Blick auf Gleisdorf konzentriert. Was zeigt sich im Alltag?

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In "Neue Wohnformen" [link] hab ich von einem Pilotprojekt geschrieben, das in Gleisdorf realisiert werden soll. Einer der Hauptakteure dieses Projektes ist die Gleisdorfer "Volksbank".

Ich hab mich im Foyer der Bank umgesehen, welche Werbelinie da vorzufinden ist. Das Display in Form eines Häuschens wirbt für den Weg zum Eigenheim. Das steile Satteldach ist ein Stilelement, wie es in der Nazi-Ära gegen (damals) neue architektonische Formensprachen forciert wurde. Womit ich sagen will: Das einprägsame Motiv, dieses Karton-Häuschen, von dem man sich versprechen kann, das es schon auf flüchtige Blicke hin die richtige Assoziation auslöst, nämlich: "Könnte ICH ein Haus mit Garten besitzen?", hat formal wenigstens ein halbes Jahrhundert Antiquiertheit auf dem Buckel. Also die Frage:

Wie soll man wohnen?

Das Reden über Architektur ist im Alltag sehr oft eines über trübe ästhtetische Kategorien (Gefällt mir! Gefällt mir nicht!). Es ist erstaunlich selten eines über Bedürfnisse, Funktionen und Anforderungen.

Man kann sich davon gelegentlich auf den Websites der beiden dominanten Fraktionen in Gleisdorf einen Eindruck verschaffen. [ÖVP] [SPÖ] Da hieß es heuer einmal anläßlich der Neugestaltung des Hauptplatzes:

>>Ich weiß, dass Geschmäcker verschieden sind, sehr viele Menschen geben mir recht, wenn ich meine, dass die alte Hauptplatzbeleuchtung wesentlich schöner war, als das jetzige übermoderne Gestänge. [02.08.2007 11:35 ein Innenstadtbewohner]<<

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Was mag damit gemeint sein? Das "übermoderne Gestänge": Funktion pur; steht nur da und gibt bei Bedarf Licht. Es wird also weniger geschätzt denn die Lampen, die nun zum Teil weichen mußten, deren stilistische Begründung sich mir seit jeher nicht erschließt, weshalb ich sie noch am ehesten "Art Deco für arme Leute" nennen möchte:

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Es ist mir bis heute schleierhaft, warum da vor rund eineinhalb Jahrzehnten ein wenig schlampig das erste Quartal des 20. Jahrhunderts zitiert wurde; was zur Adventszeit durch sehr merkwürdige Metallaufsätze in Form eines Regenschirm-Gestells zu einem völligen Design-Desaster führt:

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Die Säulen werden teilweise auch noch mit Lautsprechern behängt; naja, es gibt auch andere Fallbeispiele, die also sehr energisch fragen ließen:

Wie kann man über Architektur reden?

Zur Debatte über Bedürfnisse, Funktionen und Anforderungen wären dann wohl auch noch Fragen nach Kriterien einzubringen. Und jetzt raten Sie bitte einmal, welche Reaktionen und Statements etwa zeitgenössische Architektur, wie die des neuen Gleisdorfer "Servicezentrums", auslöst:

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Dagegen war mir im "forumKLOSTER" bei der Debatte mit den Architekten- Teams, die sich noch im Rennen um den Auftrag für das Projekt "Generationenwohnen" befinden, etwas Kurioses aufgefallen. Da erwähnte nämlich eine der Architektinnen das neue Freibad als eine architektonisch bemerkenswerte Anlage.

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Dieser Bau am Rande der Stadt ist ja keineswegs biederer ausgefallen, als andere Novitäten Gleisdorfs. Dennoch erinnere ich mich nicht, daß die Gestaltung auch nur annähernd vergleichbare Einwände hervorgerufen hätte, wie die Neuigkeiten im Zentrum der Stadt.

Muß man daraus schließen, daß die Stadt ihre Zonen hat, deren Gestaltung aufgrund ihrer Lage ganz unterschiedlich bewertet wird? Gibt es da verschiedene Ansprüche an Definitionsmacht? Was darf man aus solchen Auffälligkeiten schließen?

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