Log #642: Flame Logbuch Jahreswechsel 2017/18
Wir widmen uns weiter den Zusammenhängen von Volkskultur,
Popkultur und Gegenwartskunst. Wo berührt oder verzahnt sich das alles?
Eine üppige Geschichte! Apropos Geschichte, im Sinn von Historie. Ende 2004 hatte ich zum
Projekt [flame] einmal gefragt: "Warum England?",
denn die britische Sonderstellung innerhalb der Ersten Industriellen Revolution
war überragend. Ich hab damals bloß eine sehr skizzenhafte Vorstellung gehabt, die
inzwischen etwas präziser ausfällt.
1850: Dampfmaschine zum Ziehen von
Pflügen
Lange Zeit waren Mühlen die
wichtigsten stationären Kraftquellen der Menschen, während über Jahrtausende die Pferde
bezüglich der Verbindung von Traktion und Tempo unübertroffen waren. Erst mit den
optimierten Dampfmaschinen von James Watt wurden , stationär und mobil neue Kraftquellen
verfügbar, die es mit den Mühlen und den Pferden aufnehmen konnten.
In der Wirtschaftsgeschichte von
Heinrich Bortis fand ich einen anschaulichen Vergleich: "Der Ochse pflügte im
17. Jahrhundert 0.5 ha pro Tag. Das Pferd, welches eine höhere Zuggeschwindigkeit als der
Ochse hat, schaffte nun 0.6 ha pro Tag, mit verbessertem Pflug sogar 0.8 ha pro Tag. Um
1850 schaffte man mit Dampfkraft 5 ha/Tag."
Sie ahnen gewiß, hier geht die ganze Sache in
eine Spirale über. Die technische Entwicklung braucht landwirtschaftliche Überschüsse,
damit Menschen und Infrastruktur bezahlt werden können, die nicht an die agrarische
Arbeit gefesselt sind. Diese Entwicklung sorgt für Innovationen, dank derer auch die
Produktivität in der Landwirtschaft gesteigert werden kann, was wiederum zu höheren
Überschüssen führt, die anderweitig investiert werden können.
Inserat aus dem Jahr 1868
In der Realität ist das freilich viel
komplexer, aber zur groben Orientierung mag diese Skizze reichen. Das Automobil als a)
praktisches Vehikel und b) bedeutender Fetisch unsere Gesellschaft wurzelt also in einer
umfassenden Entwicklung, die Ende des 19. Jahrhunderts atemberaubend beschleunigt hat,
ohne sich bis heute wieder zu verlangsamen.
Das Auto kommt gewissermaßen aus der Dampfmaschinenwelt
und aus der frühen Fahrradindustrie. Es hat zwar nicht fürs Fahrwerk, aber viel
für die Aufbauten aus der Kutschenwelt bezogen. Doch erst nach dem Zweiten
Weltkrieg wurden Autos allgemein erschwinglich.
Rückblickend: Der wichtigste Angelpunkt für
Zugkraft und Transportgeschäfte im Leben der breiten Bevölkerung waren Ochsengespanne,
wahlweise auch nur mit Kühen realisiert, wo die Armut vor dem Haus oder gar in den Stuben
hockte. Sollte es schneller gehen und waren ausreichende Mittel vorhaben, kamen Pferde ins
Spiel.
Dem setzten die "Pferdelosen
Wagen" erst im Zweiten Weltkrieg ein Ende und der "Kentaurische
Pakt" zwischen Mensch und Tier wurde in die Welt von Freizeit und Sport
verlagert. Nun der erste Tag des neuen Jahres und
nach Ende des Projektes "Vom Pferd zum Sattelschlepper". Diesen Jahreswechsel nutze
ich, um das Netzwerk unserer Themenleisten zu straffen. Damit endet das Logbuch von [flame]
als eigenständige Leiste. Die kommenden Beiträge werden hier in das umfassende Projekt-Logbuch
der Van-Site integriert. Damit soll das Ineinandergreifen der verschiedenen
Projektlinien anschaulicher werden. |
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Das Online-Projekt [flame] war von
Beginn an gleichermaßen der Mobilitätsgeschichte wie auch den Popkultur-Aspekten dieses
Genres gewidmet. Man könnte sagen, eine soziokulturelle Mischform des Erzählens und des
Zeigens.
Im letzten Eintrag der alten Projekt-Leiste ging es um "Der Geist
des Transports". Dort finden Sie das komplette Bild nach einem Gemälde von R.
F. Heinrich. Ich habe hier das Ochsengespann herausgeschnitten. Es repräsentiert das
historische Hauptereignis an Zugkraft für die breiten Bevölkerung.
Danach führt ein enorm komplexes Kräftespiel Richtung
Automobil, genauer: zu einer Volksmotorisierung auf der Basis des individuellen
Privatbesitzes von Kraftfahrzeugen. Ich bin in dieser Situation aufgewachsen, da (fast)
jeder Haushalt über ein eigenes Auto verfügen konnte, vielfach sogar mehrere.
Die ökologischen Konsequenzen dieser Entwicklung sind kein
Geheimnis. Die Automobilindustrie mit allen Zulieferern als wichtige Basis einer
(westlichen) Massenbeschäftigung gehört auch zu den brisanten Aspekten dieses Themas,
denn diese Massenbeschäftigung scheint ebenso ein Ablaufdatum zu haben, wie der
massenhafte Privatbesitz von Kraftfahrzeugen. Und die kulturelle Konsequenzen von all dem?
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