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Es besteht für mich kein Zweifel, daß die Kulturpolitik von Bund und Ländern in naher Zukunft härtere Kontraste schaffen wird. Die Erfahrung der letzten 15 Jahre sagt mir, daß man seitens der Politik lieber an der Basis Verteilungskämpfe verstärkt als sich -- so ganz allgemein -- zu neuen Optionen aufzuraffen.

Die Verteilungskämpfe werden freilich nicht von der Politik initiiert. Das schaffen wir auf dem Kunstfeld ganz alleine. Gegen diese Art von "immanenter Blödheit" hab ich in all den Jahren kein verläßliches Mittel entstehen gesehen.

Vor zwei Jahren hab ich das hier schon thematisiert. Damals bemerkte Herbert Nichols, der kulturpolitische Berater von Landeskulturreferent Kurt Flecker: "Zwerge bekämpfen Zwerge." (Siehe Log #24!) Nichols erzählte, daß Neid und Eifersucht, soweit er sehe, auch starke Kulturprojekte kippen können. Und zwar von innen heraus.

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Ein Befund, den ich bestätigen muß. Aber es gibt auch andere Erfahrungen. Bei "kunst O.ST" hat es inzwischen zwar schon so manche Brösel gegeben, Abrieb aus Auffassungsunterschieden war unvermeidlich, aber das aktuelle Festival "auf.draht" erweist sich dagegen als wesentlich stärkeres Geschehen, in dem sich eine "Praxis des Kontrastes" einlöst: [link]

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Ich bin sehr neugierig, was sich daraus an Tragkraft ableiten läßt. Die Headline auf der Seite in der vorigen Ausgabe der "WOCHE" ist genau so ganz nach meinem Geschmack. Keine Bedingung für die Kunst, nein, denn die kann ihre Aufgaben und Themen auch ganz aus sich beziehen. Aber als ein kulturpolitischer Anspruch muß das für mich so dastehen. (Siehe dazu auch Krusches Log #1360!)

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Wir haben diesmal in Weiz zum Teil den öffentliche Raum bespielt und einen großen Teil der Arbeiten in lokalen Schaufenstern untergebracht. Leider können sich manche Kaufleute noch immer nicht dazu aufraffen, den Kunstwerken angemessenen Platz zu geben, sondern sie setzen die Werke wie Dekorationsgegenstände ein, bei denen die ursprünglichen Waren im Fenster dominieren.

Künstler Walter Köstenbauer berichtete von seiner jüngsten Nachschau:

>>Bei meinem letzten Rundgang in Weiz hab ich - neben erfreulichen Dingen - auch feststellen müssen, dass manche unserer Exponate in den Auslagen nach und nach mit anderen Dinge "verwachsen"...<<

Da ist also noch "Basisarbeit" nötig, falls die "Schaufenstermeilen" AUCH Begegnungen mit Kunstwerken ermöglichen sollen. Die besondere Kuriosität: In der "Kleinen Zeitung" war NACH der Vernissage von genau diesem Viertel zu lesen ... daß es nun neu sei.

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Natürlich ist das Viertel nicht neu, es steht so schon geraume Zeit, aber die aktuelle Widmung soll neu sein. (Die war aber so auch schon vor Jahren im Gespräch.)

Die Sprachregelungen verraten sofort, wo die Sache klemmt. "Als Kunsthausviertel soll die Weizer Altstadt aufgewertet werden." Man wird in den meisten Fällen erleben, daß "Kunst um zu..." einfach nicht funktioniert. Das ist dem Marketing-Denken geschuldet und führt verläßlich ins Leere.

Eine Formulierung wie "mindestens einmal jährlich gibt es Kunst" im Kontext mit Erlebniseinkauf, Gewinnspielen und "Lifestyle-Brunch" erhöhen die Gefahr einen Flop zu bauen ganz enorm.

Denn all das ist salopp an der Oberfläche dahinformuliert. Es gibt zwar Kunstschaffende, die für solche Art Dekorationsgeschäft gerne dienstbar sind, weil ihnen jede Bühne und jeder Augenblick Öffentlichkeit willkommen ist, aber damit initiiert man keine interessanten Entwicklungen. Da sind also noch Gespräche und Debatten zu führen; oder die Sache verpufft wirkungslos.

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Ich kann freilich nicht sagen, ob ich in diesen Fragen wirklich schlauer bin. Wir versuchen in Gleisdorf gerade einen etwas anderen Ansatz auszuloten. Dabei gehen wir nicht von einem möglichen Marketing- und Lifestyle-Effekt aus, sondern -- im Gegenteil -- von den konkreten kulturellen Interessen ansässiger Geschäftsleute.

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Die Sache ist inzwischen so weit gediehen, daß wir nun an die Öffentlichkeit treten können. Nach einem praktischen Vorlauf seit wenigstens dem Jahr 2003 [History] steht jetzt das Konzept mit den nötigen Basis-Übereinkünften für:

gleisdorf: ein L für die kunst
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coreresethome
19•09