Log #122 [Vorlauf] Die Kulturkonferenz
hat einmal mehr die vertrauten Beispiele von Verhaltensoriginalität auf diesem Feld vorgeführt.
Dabei ist der Stereotypen-Katalog reich bebildert. Etwa mit der Rolle "grantelnder
Künstler", verfeinert um die Nuance "grantelnder Künstler, der annehmen muß,
daß alle ihn für einen Deppen halten, wobei sie nicht merken, daß sie in Wahrheit
selber die Deppen sind".
Im Kern sehe ich da auf der Seite der Kunst wie auf der
Seite der Kommunalpolitik häufig Positionen, die sich einer "Obrigkeit"
empfehlen oder aufdrängen, weil diese ihnen Probleme abmildern oder abschaffen soll. Eine
Pose, mit der ich nichts anfangen kann.
In der Dialogreihe, die ich gerade auf
dem Weg zum Festival "steirischer herbst" realisiere, hatte ich aktuell ein
Gespräch mit dem Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark, das AUCH solchen Phänomenen
gewidmet war.
Dabei sprachen wir uner anderem über die
demokratiegeschichtliche Option, daß der Begriff Politik sich ja nicht nur von
"Politiké" (Staatskunst) herleitet, sondern auch von "Polis"
(Gemeinwesen). Eigentlich rechtfertigt erst das Wechselspiel BEIDER Positionen den Begriff
"Politik".
Also wäre eventuell zu klären, welche
Haltung (und Verantwortung) wir an der Basis gerne gegenüber etablierter Politik und
Verwaltung einnehmen würden. Die des "Ewig-zu- kurz-Gekommenen" oder die des
"grantelnden Künstlers" gibt dabei wenig her, ist im Grunde zum Gähnen
langweilig.
Um darin etwas munterer vorzugehen,
beschäftigt mich die Möglichkeit, der Gegenwartskunst im Gefüge der Stadt (und Region)
eine etwas selbstverständlichere Position zu verschaffen. (Augenmerk und Akzeptanz auf
höherem Niveau.) Hier ein weiteres Meeting von Geschäftsleuten für ein Straßenfest im
alten Zentrum Gleisdorfs, wobei wir eben auch einen "kunst O.ST"-Beitrag
einbinden wollen. (Siehe dazu auch Eintrag #120!)
Ich verstehe das als "Streetwork" in
unserer Sache, denn die oben erwähnte LEADER- Kulturkonferenz hat einmal mehr gezeigt,
wie dringend und notwendig jenseits des Landeszentrums eine umfassende Diskurs- und
Vermittlungsarbeit in Sachen Kunst ist. Ein bis heute überwiegend unerledigter Job, den
-- so weit ich sehen kann -- niemand FÜR uns erledigen wird.
Kleine Rückblende: Da ist also das kommende
Festival "steirischer herbst", wofür ich mit Kunsthistorikerin Mirjana Selakov
und Künstler Walter Kratner einen Beitrag erarbeite, der im Kern den Aspekten von ZEIT
gewidmet sein wird. Dieses Thema haben wir aber auch im "Quartett" von
"kunst O.ST" als Generalthema für Vorhaben bis 2013 festgelegt. (Siehe den vorigen Eintrag!)
Manchmal ist ZEIT eine Schoko-Torte. Wie bei
unserer Weizberg-Klausur. Doch ganz wesentlich ist sie ein Phantasma, über dessen Deutung
wir nicht nur den Alltag ordnen, sondern auch soziale Gefüge ... nicht zuletzt
Hierarchien.
In diesem und dem vorigen Eintrag ist allerhand angedeutet, was von der Auswertung
bisheriger Erfahrungen handelt und uns Kunst- wie Kulturschaffenden neue
Handlungsmöglichkeiten eröffnen soll. Als ein TEIL des Gefüges der "Drei
Sektoren": Staat, Markt und Zivilgesellschaft.
Ich denke, EBENBÜRTIGKEIT wird sich nur da
konstituieren lassen, wo wir auf Augenhöhe und auf gelingende Kommunikation (mit Leuten
von den anderen Sektoren) setzen. Das läßt genau NICHT die Pose des "grantelnden
Künstlers" zu, des "verkannten Genies" oder anderer Märchengrößen, die
im realen Leben -- wie alle Erfahrung zeigt -- bloß marginale Figuren abgeben.
Deshalb beschäftigen mich Fragen nach einer
"Repolitisierung des Kunstfeldes" im hier angedeuteten Sinn (Wechselspiel
Politiké -- Polis), Fragen nach unserer Profession, also auch Professionalisierung.
Angemessene Arbeitsbedingungen, Anteil an der
Definitionshoheit innerhalb dieser Gesellschaft, letztlich ein adäquates Einkommen für
Arbeit, über deren Wichtigkeit ein breiter gesellschaftlicher Konsens herrscht, das sind
Aspekte solcher Vorhaben.
Die künstlerische Praxis selbst, Schritte die
mein Werk betreffen, mein Tun als Künstler, diese Dinge sind im Kern meine private
Angelegenheiten. Die stehen nicht zur Diskussion und nicht zur Debatte. Hierin beanspruche
ich jene Autonomie in der Kunst, die mir zeitgemäß zusteht. Da brauche ich keine Zurufe
und führe Diskussionen darüber bloß wenn es mir behagt und mit wem es mir behagt.
Konnte ich den Unterschied klar machen? Als
Künstler bin ich autonom, gebe mir also meine Regeln selbst, und ich bin Staatsbürger,
der sich den Themen und Aufgaben der "Polis" widmet.
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