Log #71Das zweiwöchige
Kunstfestival "pomale" ist in seinem Kernbereich gelaufen. Eine komplexe
Erfahrung für Kunstschaffende, die der Oststeiermark verbunden sind. Außerdem ein
interessanter Testlauf, wie sich solche Prozesse entwickeln, wenn es keine
Zugangsregelungungen über den künstlerischen Status gibt.
Von links Sergey Yugov, Angelika Haas und Walter Köstenbauer. (Die Dokumentation dazu
wird HIER
aufgeblättert.) Der zweite Teil des Festivals liegt nun in einer Reflexionsphase, für
die ich noch keine Mutmaßungen habe, welche Schlüsse die weiterführenden Schritte
prägen werden.
Ein Teil des Festivals fand als "next code: cruise" im Gleisofer
"zeit_raum" statt. Hier die Puppenspielerin Elfi Scharf bei der
Aufführung ihres Mikro-Dramas. (Die "cruise"-Doku befindet sich HIER.) Den
formellen Schlußpunkt erhält "pomale" Mitte Mai mit der von Walter
Köstenbauer initiierten Debatte "Quote quo vadis?" Ein weiterer Beitrag zu den fälligen Diskursen
über den Kunstbetrieb und die Bedingungen der Kunst.
Genau darüber hab ich mich auch, vorerst informell, mit Dieter Spath unterhalten, der
zur Zeit als künstlerischer Leiter der "regionale 08" sehr präzise Ansichten vorbringen kann, was sich
in dem Zusammenhang in Regionen abseits des Landeszentrums entwickeln könnte und sollte.
Hierbei kommt dann auch zur Sprache, was ich im vorigen
Eintrag notiert hab: Die Optionen des Wechselspiels zwischen Staat, Markt und
Zivilgesellschaft.
Unser "regionale"-Beitrag wird solche Aspekte zumindest streifen. Denn "next code: divan"
hat einen sehr komplexen Ansatz, dessen Teilthemen ich schrittweise in die
Arbeitsrealität herüber hole. Einen ganz anderen Zugang zu solchen Fragen hatten wir
hier auf dem Tisch.
Ohne jede Larmoyanz und mit bemerkenswerter Durchsetzungskraft hat der Autor Thomas Glavinic
gezeigt, wie ein möglicher Weg aussehen kann, der kühn an allem vorbei zielt, was in
Österreich als angeblich unverzichtbar gilt, wenn man literarisch reüssieren will.
Glavinic (hier neben Kunsthistorikerin Mirjana Selakov, auf Besuch in Weiz) referiert
manchmal, bei guter Laune, grinsend die Partitur einheimischer Niedertracht, die man
kennenlernt, wenn einem solche Dinge gelingen.
Er tut das nicht im klagenden Ton, sondern amüsiert, im Sinne von: Was es alles gibt!
Jenseits solcher Launigkeiten zählt bei ihm dann offenbar wieder die professionelle
Arbeit und das Ringen um Ergebnisse. Eine anregende Position, die sich nicht in
fruchtloser Jammerei verbraucht.
Ähnlich ging es mir mit Dragan Protic von der serbischen Gruppe
"kart". (Hier rechts am Tisch mit Gleisdorfs Kulturbüro-Leiter Winfried
Kuckenberger.) Serbien läßt keinen Raum für eine Jammerkultur, denn wer seine Kraft auf
die Art abfackeln wollte, hätte nichts mehr für die künstlerische Praxis übrig. Das
Land bietet kaum etwas von Rahmenbedingungen, wie wir sie in Österreich gerne für
selbstverständlich halten, um mit traurigen Befindlichkeiten über die Runden zu kommen.
Nebenbei bemerkt:
Eine trügerische Vorstellung. Solche Tendenzen der zunehmenden Strukturschwächung zeigen
sich in Österreich sowieso seit wenigstens zwanzig Jahren ganz unübersehbar.
Erstaunlich, daß darauf in auffälliger Weise eher mit mehr Jammern als mit neuen
Strategien reagiert wird. Aber das ist eine andere Geschichte und vor allem ein Problem
meiner Generation. Protic ist übrigens schon ein Vorbote für unseren Beitrag zum
Festival "steirischer herbst": "next code: exit".
In Serbien waren wir übrigens gerade. Hier der Grazer Künstler ILA im Tanzgeschehen in den Hügeln hinter
Gornji Milanovac, von wo es nicht mehr weit nach dem bosnischen Srebrenica ist. (Die
Dokumentation dieser Reise ist HIER zu finden.)
An dieser Reise hätten auch Markus Wilfling und Christian Eisenberger teilnehmen
sollen. Sie waren allerdings dann mit der "viennafair" beschäftigt. Was sich
gelohnt hat. (Siehe den nächsten Eintrag!)