Log #34Wenn Kunst- und
Kulturschaffende fähig sind, in einer Region für ein angeregtes geistiges Klima zu
sorgen, darf man erwarten, daß ihr Tun beiträgt, dem Dauergeschäft des Simplifizierens
und der kulturellen Falschmünzerei entgegen zu stehen. Auch wenn einzelne Kunstschaffende
für sich (zu recht) beanspruchen werden, daß die Kunst keinen von außen verschriebenen
Zweck braucht, daß sie autonom ist, also: sich selbst ihre Regeln gibt.
Aber an den Schnittstellen zu jenen Menschen, die über Mittel verfügen, größere
Vorhaben zu finanzieren, muß sehr konkret verhandelbar sein, warum WAS zu welchen Zwecken
realisiert werden sollte. Das beinhaltet dann zwangsläufig kultur- und
gesellschaftspolitische Fragestellungen.
Warum ich solche Zusammenhänge hier ausgebreitet habe? Man wird bemerkt haben, daß
die kommende "Regionale 2008" unter dem Titel "Diwan" dem angeblichen
"Dialog zwischen Orient und Okzident" gewidmet sei.
Ich halte das für eine äußerst relevante Themenstellung, kann aber im Moment noch
nicht klar sehen, was das für die Praxis der kulturellen Situation in der Oststeiermark
bedeuten soll.
Wir haben uns im Projekt "next
code" solchen Aspekten gewidmet. Ich denke, es gibt eine Menge gute Gründe
dafür, uns längerfristig ernsthaft auf solche Themenstellungen einzulassen. (Im
"Info-Pool" habe ich Material zum Thema "Regionale" HIER zusammengefaßt.)
Auf den Websites von Stadt und Tourismusverband Feldbach findet man nach wie vor keine
Informationen zu diesem kommenden Großereignis. Auf der Website von Intendant Dieter Spath auch nicht. Ebensowenig
auf der Website "Vulkanland".
Das ist einigermaßen seltsam, wenn man bedenkt, daß hierfür insgesamt fünf Millionen
Euro öffentlicher Gelder aufgewandt werden sollen.
Die "Regionale 2008" und das Thema "Diwan" werfen nicht bloß
inhaltliche Fragen auf. Es weist auch vieles darauf hin, daß die ursprünglich vorhandene
Möglichkeit, sich mit Ideen und einem Konzept um einen Zuschlag zu bewerben, keineswegs
verläßlich die reale Chance beinhaltete, das Budget zu erringen.
Cut!
Ist man mit Entscheidungen seitens der Politik nicht einverstanden, wird es
erfahrungsgemäß wirkungslos bleiben, wenn man Unmut äußert. Dagegen kann eine
inhaltlich klare Position, die vorzugsweise von mehr als einer Person vorgebracht wird,
die am besten auch von sehr konkreten Zielvorstellungen handelt, durchaus dazu führen, in
der Politik wahrgenommen zu werden.
Ich hab im vorhin erwähnten Arbeitstreffen gehört, die Arbeit an solchen Fragen sei
"Buchhalterei". Buchhalterei hat etwas mit der Verwaltung von Geld zu tun und
wer allein schon das nicht nötig hat, sein Geld zu verwalten, darf sich selbst
beglückwünschen. Wer sich überdies großzügig von kulturpolitischen Themenstellungen
suspendiert, darf sich darüber freuen, daß die Kulturpolitik ausschließlich vom
politischen Personal gemacht würde.
Ich schätze die Aussicht, daß Kunstschaffende sich ihren Kontrasten und
Ungleichzeitigkeiten zuwenden, ihre Auffassung der eigenen Arbeit und der Arbeit anderer
debattieren, so immer wieder neue Klarheiten schaffen, weil ja auch solche Debatten immer
wieder neu zu führen sind. Künstlerische Praxis ist kein "Wahrheitsgenerator",
ist nicht das Geschäft einer "Klarheiten-Fabrik". Ich habe einmal jemanden
sagen gehört: "Ich male Bilder, die auch mir Fragen stellen."
Richard Ludersdorfer (oben: 2. v.l.) hat in einem anderen Zusammenhang
erwähnt, der Grazer Griesplatz sei einst der eigentliche "Hauptplatz" gewesen,
weil ein ökonomischer Brennpunkt der Stadt. Höchst zutreffend. Nachdem die Flößerei
auf der Mur aufgehört hatte, Hauptverkehrsmittel für Massengüter zu sein, und bevor die
Eisenbahn dieser Rolle übernahm, war das imperiale Wien durch die "Post- und
Kommerzstraße" mit dem Hafen in Triest verbunden.
Diese Straße führte über den Lend- und Griesplatz, ist in Rudimenten
noch als "Alte Poststraße" und "Triesterstraße" erhalten. Das hat
seinen Zusammenhang mit einem Teilthema von "next code", nämlich "next code: reel". Dieses Teilprojekt
gehört zum "City Upgrade"
von "ortlos architects", ist urbanistischen Fragestellungen gewidmet, berührt
zugleich aber auch den Themenkomplex "Orient/Okzident".
Eines der Themen in diesem Projekt handelt vom Veröden der Annenstraße,
indem alt eingeführte Betriebe wegbrechen und sich darin eine grundlegende
Funktionsveränderung der Straße ausdrückt.
Das ist wiederum ein Aspekt, den wir aus Gleisdorf kennen, aus Weiz etc.
etc. Architekt Andreas Mayer
versicherte mir bei einem Plauderstündchen, dieses Motiv reiche momentan vom Dorf bis zur
Megacity. Es scheint eine Zeit enormer Umbrüche zu sein.
Es ist zwar keineswegs so, daß sich die Kunst solchen Fragen widmen
müsse. (Ich hab eingangs dieses Autonomieprinzip erwähnt.) Aber konsequente
künstlerische Praxis führt zu einer ganzen Reihe von Kompetenzen, die man in einem
Gemeinwesen zur Anwendung bringen kann. Ich bin ja nicht bloß Künstler, ich bin auch
Bürger einer Stadt und dieses Landes ...
Cut!
Zum Kontext "Leben/Kunst/Geschwindigkeit" weiß ich im Moment
keinen aktuellen Stand der Optionen, da die Rechte natürlich bei der Arbeitsgruppe
liegen, die das Konzept erstellt haben. Weshalb das auch kein Titel für eine
eigenständige Projektreihe verschiedener Kulturschaffender in der Region sein kann.
Andrerseits steht die Themenstellung selbstverständlich zur Bearbeitung
frei. Ich habe hier einmal eine Skizze verfaßt, was mir RÄUMLICH in der Region vorrangig
aufgefallen ist:
"Die Strecke und der Korridor, das Dazwischen und das Mehrfache"
[link]