Log #32

In der "Bildpost" las ich:
>>Der Austausch zwischen Orient und Südoststeiermark hat eine lange Tradition. Dieser Dialog soll im Rahmen des Kulturfestivals 2008 wieder aufgegriffen werden.<< [Quelle]

Schade! Schade, wenn auch nicht gar so überraschend, daß schon so früh die Werbetexter das Feld übernommen haben. Denn ich halte das für ein Phantasma. Ich würde zu gerne wissen:
+) wovon genau der "Austausch zwischen Orient und Südoststeiermark" gehandelt hat und
+) welche Instanzen bzw. Institutionen das gewesen sein sollen, da wie dort.

Denn DAS kann es ja NICHT gewesen sein, die Ortsansässigkeit eines einzelnen Gelehrten so zu deuten. Nein, ich fürchte, das läuft auf einen Regionen-Hype hinaus, der sachlicher Prüfung nicht standhält ...

Ich bin, da beruflich Kunstschaffender, natürlich sehr interessiert zu sehen, wie mit der Arbeit und dem geistigen Eigentum inspirierter Menschen von Kommunen verfahren wird.

Details des bisherigen Verlaufs, so sie sich als stichhaltig erweisen, halte ich für besorgniserregend und höchst bedenklich.

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Es lohnt sich, den Bericht (Quelle: "Der Standard") eingehender durchzusehen: [LINK], dabei wird man nachdenklich. Ich bin sehr gespannt, ob sich in einem nächsten Abschnitt des Vorgehens belegen läßt, daß hier intellektuelle und geschäftliche Redlichkeit an Bord geblieben sind.

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Denn zum Hintergrund gehört ja, was man von Landskulturreferent Kurt Flecker explizit erfahren konnte:
>>Es muss endlich einmal klar sein, dass Kultur nicht der Steigbügelhalter, der Umwegsrentabilität für touristische oder andere Ziele sein kann. Kultur und Kunst haben ihren eigenen Stellenwert und Wert, und ich anerkenne das jedenfalls nicht so, dass z.B. aus einem Kulturbudget eine Gesundheitsausstellung oder irgendeine Ausstellung, die fachlich anders zugeordnet werden muss - zu finanzieren ist.<< (Quelle: ORF)

Cut!

"Grenzen werden zu Kongruenzen, Heimisches entdeckt
seinen exotischen Ursprung, Exotisches wird heimisch."

So heißt es in einem "amtlichen" Feature des Projektes "Diwan". Da entlarvt sich der Diskurs, da purzelt der Werbetexter vor den Vorhang.

Ich möchte, ohne die Konzepte zu kennen, fast wetten, daß genau solche Sprachregelungen bei den Damen Strassegger und DeGrancy nicht zu finden sind. Denn gerade wer sich hierzulande über alte Ressentiments hinwegzusetzen versucht, über Klischees, die mindestens seit der Gegenreformation ihre Quellen sogar in Propagandaschriften der erlauchten Habsburger haben, also von "ganz oben" lanciert wurden, wird genau "Das Exotische" als höchst diskussionswürdige Kategorie kennen.

"Das Exotische" wird nicht heimisch und ist keine Quelle des Heimatlichen. Es ist vor allem das Phantasieprodukt eurozentrischer Herrenmenschen. "Das Exotische" ist eine Schwester des Rassimus, ist das "Ewig Andere", das zwar konsumiert werden soll, aber niemals Wurzeln schlagen darf. "Das Exotische" ist demnach nicht nur eine diskussionswürdige, sondern eigentlich längst eine diskreditierte Kategorie.

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Wovon dagegen EIGENTLICH zu reden wäre, finde ich in meinem Notizen aus einem Gespräch mit dem bosnischen Autor Dzevad Karahasan:
>>Die Einflüsse, die die griechische Kultur sozusagen vor dem puren Rationalismus gerettet haben, kamen vom Balkan. Am Balkan hat die römische Kultur, bzw. das Römische Reich als Byzanz, zurück zu Metaphysik und Geschichte gefunden. Also, der Balkan ist eben eine Achse Europas und europäischen Geistes. Und heute noch ist der Balkan der Teil Europas, in dem verschiedenste Traditionen, Weltansichten, Perspektiven nebeneinander, sehr oft miteinander, gelegentlich gegeneinander leben.<<

Von da aus könnte es zum Beispiel weitergehen, ganz ohne Geschwätz über "Das Exotische", statt dessen über "kulturelle Realitäten". Das wäre mir lieber. Übrigens! Den Schwampf über "Exotisches wird heimisch" habe ich vom steirischen Kulturserver. Der komplette Textblock ist HIER nachzulesen.

Cut!

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Michael Petrowitsch, Obmann der IG Kultur Steiermark, hat eben ein Statement zur "Regionale 2008" ausgeschickt, in dem es unter anderem heißt:

>>6.Der "Feldbacher Weg" muss sich dadurch auszeichnen, den bürgerlichen  Kulturbegriff zumindest ansatzweise zu entmystifizieren und dem Menschen in der Region schmackhaft zu machen. Ein regionales Kulturfestival indes kann nur als entregionalisiertes Festival begriffen werden. Kulturentwicklungskonzeptionell muss es eine starke ideelle Förderung der Strukturen im hintersten Dorf geben, um einen kontinuierlichen kulturellen Output zu gewährleisten.<<

(Das komplette Statement HIER im "Infopool".)


resethome
28•07