16. Juni 2024

Ich hatte die Wahl V


[Vorlauf] Selbstverständlich ist in Österreich nach dem letzten Wahlergebnis bis heute niemand zurückgetreten. Es siegte außerdem einer unserer National-Champions in schlechten Manieren. Der vaterländische Harald Vilimsky macht seit Jahren vor, daß „staatsmännisches Verhalten“ heute schon gegeben ist, wenn man Andersdenkende beschimpft. Oder Wenn man unbequeme Fragen öffentlich mit Schimpfworten quittiert.

Damit ist er nicht alleine geblieben. Die Europawahl bot uns einige Beispiel, die sich – wie in der vorigen Notiz gezeigt – bis hierher in die Provinz finden lassen. Wir hätten solches Gefälle längst auflösen können, indem wir belegten: Provinz, das muß ja nicht provinziell bedeuten.



(Quelle:ORF)

Der Trend geht aber in die andere Richtung. Politisches Personal Österreichs schafft das Provinzielle auch nach Wien und nach Brüssel. Man hätte ja wenigstens begreifen können, daß Schimpftiraden Privatsache bleiben müssen. Im kleinen Kreis steht es den Anwesenden frei, das zu sanktionieren oder sich daran zu vergnügen.

Wer das aber als Mandatsträger via Massenmedien verbreitet, macht sich großen Kreisen der Bevölkerung zum Vorbild, ermutigt die Menschen im Fall von Differenzen zu schlechten Manieren und zu Grobheiten. Social Media sind Massenmedien. Das hat offenbar auch so mancher Akademiker noch nicht kapiert.



(Quelle: ORF)

Die Ermutigung zu schlechten Manieren im Fall von Differenzen hat übrigens eine volkskulturelle Komponente. Auch das ist selbst manchem Akademiker nicht klar. Diese volkskulturelle Komponente heißt „innerfamiliäre Gewalt“ und hat seine Spitzenleistungen in den Femiziden. Wer als Frau nicht fügsam ist, bekommt aufs Maul. Falls das nicht reicht, wird die Schraube angezogen, die nächste Stufe der Ermahnung gezündet.

Sie glauben mir nicht? Verlassen Sie sich darauf: Gewalt durch Sprache ist immer ein Wegbereiter Richtung physische Gewalt. Es hängt dann bloß von den Rahmenbedingungen ab, wie weit das gehen darf. (Mord ist bloß der Schlußpunkt auf dieser Skala.)



(Quelle: FB-Gruppe "Schön versaut, aber mit Niveau")

Aber warum habe ich hier nun „mancher Akademiker“ so betont? Der Grund ist simpel. Wer einen Doktortitel tragen darf, muß ja eigentlich wissenschaftliche Arbeiten gelernt haben. Das bedeutet unbedingt, man hat sich in kritischen Verfahren üben müssen, in verschiedenen Methoden, wie man aus Unklarheit Klarheit destilliert, fallweise aber feststellt: „Wir wissen es nicht.“

Ich mag sehr, wie Soziologe Gunnar Heinsohn es ausdrückt: „Wir haben es noch nicht verstanden.“ Oder wie ein Bonmot besagt: „Wir irren uns nach oben“. Das Abendland hat mehr als zweitausend Jahre Tradition im Verfeinern von Methoden des kritischen Denkens.



(Quelle: APA

Männer wie Vilimsky und Kickl (FPÖ), aber auch Nehammer (ÖVP) in seinen besten Wahlkampfzeiten, Kogler (Grüne) erst jüngst sowie ganze Rudel an niedrigeren Chargen, lassen uns dieses Kulturgut vergessen. Sie geben via Massenmedien die Art der Vorbilder, wie sich schon Wolferl Ambros im Lied „Zwickts mi“ zu benennen wußte.

Um es noch einmal zu betonen, massenmedial verbreitete Wutausbrüche ergeben eine Art der Legitimation für Gewalt in der Sprache, die stets in unkontrollierbare Ferne führt und sich hinter manchem Horizont als physische Gewalt entfaltet; manchmal von einer ganzen Nation gepflegt. Ach, das wußten Sie nicht? Naja, 1934 und die Konsequenzen, das ist ja auch schon sehr lange her. [Fortetzung]

+) Eurasien


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