Die Ermutigung zu schlechten Manieren im
Fall von Differenzen hat übrigens eine
volkskulturelle Komponente. Auch das ist
selbst manchem Akademiker nicht klar.
Diese volkskulturelle Komponente heißt
„innerfamiliäre Gewalt“ und hat seine
Spitzenleistungen in den Femiziden. Wer
als Frau nicht fügsam ist, bekommt aufs
Maul. Falls das nicht reicht, wird die
Schraube angezogen, die nächste Stufe
der Ermahnung gezündet.
Sie
glauben mir nicht? Verlassen Sie sich
darauf: Gewalt durch Sprache ist immer
ein Wegbereiter Richtung physische
Gewalt. Es hängt dann bloß von den
Rahmenbedingungen ab, wie weit das gehen
darf. (Mord ist bloß der Schlußpunkt auf
dieser Skala.)
Aber warum habe ich hier nun „mancher
Akademiker“ so betont? Der Grund ist
simpel. Wer einen Doktortitel tragen
darf, muß ja eigentlich
wissenschaftliche Arbeiten gelernt
haben. Das bedeutet unbedingt, man hat
sich in kritischen Verfahren üben
müssen, in verschiedenen Methoden, wie
man aus Unklarheit Klarheit destilliert,
fallweise aber feststellt:
„Wir
wissen es nicht.“
Ich mag
sehr, wie Soziologe Gunnar Heinsohn es
ausdrückt:
„Wir haben es noch nicht
verstanden.“ Oder wie ein Bonmot
besagt: „Wir irren uns nach oben“. Das
Abendland hat mehr als zweitausend Jahre
Tradition im Verfeinern von Methoden des
kritischen Denkens.
(Quelle: APA
Männer wie Vilimsky und Kickl (FPÖ),
aber auch Nehammer (ÖVP) in seinen
besten Wahlkampfzeiten, Kogler (Grüne)
erst jüngst sowie ganze Rudel an
niedrigeren Chargen, lassen uns dieses
Kulturgut vergessen. Sie geben via
Massenmedien die Art der Vorbilder, wie
sich schon Wolferl Ambros im Lied
„Zwickts mi“ zu benennen wußte.
Um es noch einmal zu betonen,
massenmedial verbreitete Wutausbrüche
ergeben eine Art der Legitimation für
Gewalt in der Sprache, die stets in
unkontrollierbare Ferne führt und sich
hinter manchem Horizont als physische
Gewalt entfaltet; manchmal von einer
ganzen Nation gepflegt. Ach, das wußten
Sie nicht? Naja, 1934 und die
Konsequenzen, das ist ja auch schon sehr
lange her. [
Fortetzung]