Nehme ich zur Kenntnis. Bildet ab, was ich
auch aus dem Alltag von manchen Momenten
kenne. Dieses großmäulige Gehabe, hinter dem
oft schreiender Kompetenzmangel in diesem
und jenem Bereich verbogen wird. In solchem
Sinn hat die repräsentative Demokratie ihre
Ordnung.
Ich konnte heute, auf dem
Weg zum Wahllokal, auch die eine und andere
Kanaille aus meinem Milieu vorbeihuschen
sehen. Wackelige Krawall-Persönchen, die
zwar stets die Klappe weit offen haben, aber
es kommen allerweil keine Ergebnisse.
Letztlich eine Wasserträgerei für die
Tyrannei.
Dabei hab ich erst kürzlich
wieder hören müssen, daß etwa meine Kolumne
über den Rechtsruck im steirischen
Kulturbetrieb eine Zumutung sei und – so
hörte ich jüngst: „Das nehmen die manche
Leute sehr übel.“ Na klar! Was sonst?
Kritischer Diskurs? Womöglich als
öffentlicher Diskurs? Dissens ertragen,
womöglich sogar als Qualität akzeptieren,
weil eine pluralistische Gesellschaft gar
nicht anders, nämlich ohne Dissens,
existieren könnte.
Was ich "mein Milieu" nenne, hat
Bernard Anfang der 1980er treffend
beschrieben.
Ich mag dieses Bonmot sehr:
Intelligenz ist die Fähigkeit, über zwei
einander widersprechenden Ansichten
nicht den Verstand zu verlieren.
Ist mein Milieu dafür in
irgendeiner Weise exemplarisch? Eher
nicht. Ich hab dieser Tage in einer
Studie des Semiotikers Jeff Bernard
nachgesehen. Philosoph Gerald Raunig
nannte ihn „organischer
Intellektueller“. [
Quelle]
Beide, Bernard und Raunig, sind in
meiner Sicht der Dinge wesentliche
Intellektuelle, die sehr genau
analysiert haben, wie sich das
entwickelt hat, was ich „mein Milieu“
nenne.
Bernard hat in „Strukturen
autonomer Kulturarbeit in Österreich“
nicht bloß wichtige Begriffsbestimmungen
vorgenommen, sondern sehr wesentlich
jene Phase beschrieben, die ich eine
„Gründerzeit der Szene“ nennen.
Gerald Raunig war Ende der
1990er unmißverständlich.
Jene Entwicklungen, in die ich als
junger Kerl hineingewachsen bin, als
Leute, die etwa ein Jahrzehnt älter sind
als ich, das schon erprobten, was bis
heute mein bevorzugter Modus der
Wissens- und Kulturarbeit ist.
All das betrifft ganz wesentlich die
erste Hälfte der 1980er Jahre. (Ich war
in der zweiten Hälfte der 1970er
losgezogen.) Diese Bernard'sche Arbeit
hilft mir derzeit, genauer zu sehen, was
in meinem Milieu inzwischen alles
aufgegeben wurde, um sich mit
bestehenden Verhältnissen zu
arrangieren.
Ich beklage das
nicht einmal. So geht eben Demokratie.
Wir haben die Freiheit, diese oder jene
Modi, diese oder jene Strategien zu
bevorzugen. (Da schließt die Option der
Heuchlei ein.) [
Fortsetzung]