5. Juni 2024

Ich hab die Wahl VI


[Vorlauf] Putin, die Hamas und China. Die EU und von der Leyen. Aber dann auch Schilling und Leopatka, neuerdings wieder Vilimsky, Kickl grade nicht. Indien hat gewählt. Trump wurde verknackt und nennt seine politischen Gegner Faschisten. (Das macht Putin ja auch gelegentlich.)

Auf dem Boulevard ist also eine Menge los. Der Wahlkampf wirkt offenbar wie ein Virus, das sich verbreitet um die Impulskontrolle der Menschen radikal zu schwächen. Ich hätte erwartet, daß vom Kulturvölkchen andere Töne kommen. Überraschung! Da kommen gar keine Töne, wahlweise viel ähnliche Polemik, wie ich sie grade an jeder Ecke nachgeschmissen bekomme.


Macht nichts? Macht mir eine Menge! Ich verzichte darauf, hier konkrete Namen aus meiner Community zu nennen, weil ich erneut erfahren hab, daß man so postwendend einen Nebenschauplatz offen hat, auf dem es Brösel gibt. Das ist aber vergeudete Zeit und Kraft.

Nicht daß ich die Konfrontation scheuen würde. Doch es ereignet sich ja ganz anders, entfaltet sich in der Gerüchteküche, an der Tratschbörse, was bedeutet: dazu muß ich nichts beitragen. Im Gezänk kann man die Leute ganz sich selbst überlassen, dieses Milieu ist genügsam.

Wenn sich ein gebildeter Mensch, der sich selbst für links-liberal hält, politisch deutlich grün aufstellt und sich auch manch gesellschaftspolitischer Meriten rühmt, ebenfalls in diesem Genre loslegt, ihm unliebsame Leute herabwürdigt, mit Schimpfworten belegt etc., sind wir eben auf dem Boulevard angekommen.


Solche anmaßenden Figuren rechne ich dann unserem gesellschaftlichen Rechtsruck zu. Sofern sie sich links wähnen, frage ich bloß: wie weit links von Dschingis Khan? (Das mag dann immer noch sehr weit rechts sein.)

Ich halte den Mangel an Esprit für einen Makel. Wer sich gegen rechts abzugrenzen meint, indem er Rechte beschimpft, hat sich ihnen geistig angeschlossen. Das kann man meiner Überzeugung nach nicht verwechseln. Ich möchte ferner Kritik als eine eigene Kategorie von Gezänk unterscheiden können.

Dazu genügt es eben nicht, diese Politikerin, jene Zeitung, wen auch immer einfach zu desavouieren. Ich meine, Kritik geht im Grunde nur so: 1) Ich nenne die Aussage, die mir mißfällt, 2) Ich nennen die Quelle der Aussage, die ich für kritikwürdig halte. 3) Ich nenne meinen Einwand. Das gilt so auch für Umstände. Nennen Sie Ihre Gründe oder belästigen Sie mich nicht!



Deutsche Politprominenz muß auch bei uns
für Erklärungen herhalten, selbst wenn gelogen wird.

Man möchte annehmen, das Kulturvölkchen sei geradezu dafür bestimmt, die Horizonte weit zu machen. Das ist aber nicht gesichert. Ich hab aus einem Zwiegespräch vor Jahren einen Satz in Erinnerung, dessen Urheberschaft ich nicht mehr weiß. Da sagte jemand so nebenher: „Wozu brauchen wir einen Kirchturm, wenn wir sowieso nicht über den Tellerrand hinausschauen wollen?“

Dieses geistlose Rausballern von Meinungen, das nichts von einem Diskurs hat, dieses als politische Haltung kostümierte Herumpöbeln trennt uns. Es gleicht mir überdies zu sehr dem, was mir etablierte politische Kräfte im Kielwasser des Wahlkampfes so oft zumuten. Schlechte Manieren, mangelnder Esprit, herablassende Attitüden. Entweder es geht auch anders oder ich muß das nicht wissen. [Fortsetzung]

+) Eurasien

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