27. Mai 2024

Ich hab die Wahl IV


[Vorlauf] Aktuelle Wahlwerbung zeigt mir, daß etliche Leute in der Politik entweder nicht verstanden haben oder einfach ignorieren, worum es bezüglich EU und Europa gehen wird. Ist das Dreistigkeit? Ist das Dummheit? Ich weiß es nicht. (Mein einstiger Lehrherr, ein hagerer Patriarch, pflegte mich in manchen unklaren Momenten zu fragen: „Bist du zu blöd oder willst du nicht?“)

Was ich hier als Beispiele vorliegen habe, sind wahlwerbende Christlichsoziale, denen man noch nicht einmal Eurozentrismus, sondern Austrozentrismus vorhalten mag. Daß eine politische Formation solche Leute öffentlich agieren läßt, verheißt nichts Gutes.

Aber es bringt vermutlich Stimmen, nachdem es mehr als eine Partei in ihren Reihen erlaubt hat, Erfolge den eigenen Leuten und Probleme Brüssel zuzuschreiben. Ich erspare mir und Ihnen das Suchen weiterer Beispiele, denn das würde mir bloß die Tageslaune verderben.



Irgendwas hat sie womöglich nicht verstanden.

Wie dann einer der Spitzenkandidaten, nämlich Reinhold Lopatka, mit solcher Gefolgschaft „Europa. Aber besser.“ umsetzen möchte, ist mir vorerst noch schleierhaft. (Wenigstens stimmen da die Satzzeichen.)

Und lassen Sie mich annehmen, wenn es bei ihm etwa heißt: „5. Unsere Grundwerte verteidigen.“, dann meint das auch jene Qualitäten, die mir erfolgreiche Unternehmer als wesentlich schildern. Sehen Sie sich heute in großen Unternehmen um, zum Beispiel in der Technik-Branche, der sich die Steiermark rühmen kann.

Teams mit erstklassigen Kräften sind heute fast ausnahmslos multiethnisch. Hier jemand aus Spanien, da jemand aus Pakistan, dort jemand aus Japan, mittendrin Leute aus Italien und Deutschland, dann ist da noch wer aus den USA und, oh!, ein irischer Motorenspezialist.



Ein Beistrich für alle Fälle.

Spitzenkräfte sind international gefragt. Die entscheiden sich, so sagt man mir, bei der Jobwahl nach den Qualitäten eines Standortes. Das soziale Klima, die Freiheit, die Natur, die Kaufkraft, gute Schulen für ihre Kinder etc.

Austrozentristen, falls Sie dann eventuell auch noch auf einen sprachlich Akzent reizbar reagieren, auf eine Hautfarbe, das alles ist für Österreichs Wirtschaft nicht förderlich. Ganz zu schweigen von jenem präfaschistischen Bodensatz unserer Gesellschaft, wie ich ihn im Raum Gleisdorf kennenlernen durfte.

Tja, „Unsere Grundwerte“. Falls halbwegs klar wäre, wie genau die lauten, dürfte ich die dann auch gegenüber unseren eigenen Leuten verteidigen? (Und wer genau sind die denn, „unsere eigenen Leute“?)



Wie will er das mit seinen eigenen Parteikollegen schaffen?

Ich habe in vorangegangenen Glossen schon betont, daß China eine lange Vorgeschichte als herausragende Weltmacht hat, womit ich Geschichte im Sinn von Historie meine. Aber es gibt dazu auch chinesische Narrative, nationale Mythen. Staaatspräsident Xi Jinping, Jahrgang 1953, also meine Generation, hat unmißverständlich klar gemacht, daß er China wieder zu diesem Rang hinführen will: Weltmacht Nummer eins.

Dazu gehören die enorme Wirtschaftsmacht das Landes und das astronomische Kapital, mit dem China unterwegs ist. Nehmen Sie nun in der Betrachtung bezüglich Wirtschaft die BRICS-Staaten dazu. Das meint - neben der Volksrepublik China - die weiterführenden Allianzen von Brasilien, Russland, Indien, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran und Vereinigte Arabische Emirate. Allesamt mit Regierungen, die nicht gerade Westeuropa-Fans sind.

Von Europas altem Glanz ist wenig geblieben, außer einige beeindruckende Kapitel in den Geschichtsbüchern. Meckern Sie nicht, nehmen Sie das zur Kenntnis! Reden wir darüber, was man heute daraus machen kann, außer die Klappe aufreißen, woraus sich ein nächster Glanz Europas herbeiführen ließe. [Fortsetzung]

+) Eurasien

Postskriptum
Kürzlich sagte mir ein erfahrener Techniker (Ex Puchwerke und Magna Steyr), daß es eine neue Industrialisierung mit den Erfolgen von einst in Europa nicht geben werde. Wir müßten unseren wirtschaftlichen Erfolg anders suchen, über die Qualität verschiedener Bereiche.

Als Austrozentrist kann man da brausen gehen, als Eurozentrist ebenso. Und der Herr Bernhuber, dem es in Brüssel um Niederösterreich gehen will, wie die Frau Winzig, die es für Oberösterreich genauso machen möchte? Operette sich, wer kann!

[Kalender] [Reset]