27. Mai 2024

Ich hab die Wahl III


[Vorlauf] Die kursierenden Polemiken auf dem Weg zur EU-Wahl geben mir einen Eindruck, welche Schlampereien wir uns im Umgang mit der Demokratie gönnen. Es fehlt mir dabei ein wenig an Hinweisen, wofür sich Leute selbst zuständig fühlen könnten, so sie nicht zu den Funktionstragenden gehören.

Die Kategorie „repräsentative Demokratie“ meint wohl kaum, daß bloß die Funktionärswelt für die Demokratie verantwortlich sei, wie eigentlich auch der Begriff Politik nicht bloß „Staatskunst“ meint, sondern auch die „Polis“, das Gemeinwesen.

Wo Funktionstragende und Privatpersonen kooperieren, findet Politik statt. So versteh ich das im Sinn unserer Kulturgeschichte. Wozu? Um Verantwortung dafür zu übernehmen, was man konkret beitragen kann, damit einerseits das Gemeinwesen, in dem ich lebe, an Stabilität gewinnt, damit andrerseits Europa Erschütterungen besser widerstehen kann.



Kulturpessimismus als politisches Konzept?

Wer meint, diese Überlegung sei hochtrabend, sollte prüfen, ob er oder sie nicht schon eine Weile auf Trittbrettern der Demokratie gratis mitfährt. Mich ermüden überdies jene „kritischen Geister“, die ich politisch auf jeden Fall links von Dschingis Khan finde, die uns mit endlosen Problemberichten verwöhnen, uns wissen lassen, was an diesem Land und dessen Politik kritikwürdig sei, aber selbst stehen sie nicht zur Debatte.

Geschenkt! Jeder Mensch findet eben sein Metier und übt vertraute Verfahrensweisen. Ich hab übrigens jüngst wieder zu hören bekommen, wie übel es mir manche Leute nehmen, daß ich die Kommunikationsweisen mancher meiner Kolleginnen und Kollegen im Web rezensiere, wenn sie etwa selbst zwar die Klappe nicht aufbekommen, aber Videos und Botschaften posten, die solche Headlines haben: „Hat Putin recht?“ oder „Van der Bellen: Totengräber der Neutralität“.

Natürlich hat Putin nicht recht, Krim hin, Nato her. Ich habe schon erwähnt, daß mir scheint, er mache sein Rußland zu einer Kolonie Chinas. Dieses China ist mit Indien in einem merkwürdigen Einvernehmen. Ein Indien, daß sich entlang gemeinsamer Grenzen vor China offenbar nicht fürchtet.



Und das wiegt gegenüber dem aktuellen Zusammenspiel von Rußland und China  genau wie?

Und der Kriegsverbrecher Putin übt sich derweil darin, die Nato zu reizen sowie das westliche Europa politisch zu destabilisieren. Solchen Verhältnissen arbeiten meine Leute zu, wenn sie den öffentlichen Diskurs auf erwähnte Art einfärben und dabei bevorzugte Narrative der FPÖ kolportieren.

Wer also bloß über die USA, die Nato, die WHO, die EU und Frau von der Leyen zu räsonieren weiß, stiehlt mir die Zeit. Habe ich alles schon mehrfach gehört. Doch da wären noch ein paar andere Problemzonen.

Was mir zum Beispiel dieser Tage neu war und was Belange der EU fundamental betrifft, wurde mir bei einem launige Gespräch mit dem Unternehmer Andreas Marchler („Zeta“) klar. Marchler hat derzeit geschäftlich viel in China zu tun und erwähnte, daß die Weltkarte dort völlig anders aussieht als bei uns. Habe ich nicht vorher schon viele Jahrzehnte lang den Begriff „Reich der Mitte“ gekannt? Freilich. Ich hielt das eher für eine historisch-literarische Kategorie. Schwerer Denkfehler! Auf chinesischen Karten sieht man heute, wie dort gedacht wird: [Link]



So gesehen, von links: Europa, Rußland, China, USA.

Da schwant mir, daß dieses EU-Europa bald andere Probleme hat, als sich an der Nato oder an Brüsseler Bürokratie abzuarbeiten. Was China bei uns schon jetzt wirtschaftlich bedeutet, muß ich hoffentlich nicht erläutern. Was von Indien zunehmend an Wirkung kommt, sollte uns beschäftigen.

Spätestens falls heuer Donald Trump wieder Präsident der USA werden sollte, dürften sich unsere Sorgen wegen der Nato-Präsenz in Europa sprunghaft verringern. Aber auch sonst kann Nordamerika eventuell ganz gut ohne Präsenz in Europa zurechtkommen.

Daher noch einmal die Empfehlung: Schauen Sie sich die chinesische Weltkarte an und lassen Sie mich gelegentlich wissen, was uns davor bewahren könnte, eine Kolonie Chinas zu werden, wenn wir nicht wenigstens eine stabile EU hinbekommen. [Fortsetzung]

+) Eurasien

Postskriptum
Ich weiß von keinem anregenden politischen Geist, der uns „Vereinigte Staaten von Europa“ empfehlen würde. Unüberhörbar ist aber die dringende Empfehlung Europa standfester zu machen.

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