6. September 2021
Wir. Das Kunstvölkchen.
V
[Vorlauf: Teil IV]
Wie kommt es nun, daß ich dem Satz „Politik muss den
Rahmen für die Kultur schaffen“ so energisch
widerspreche? Das kommt vor allem einmal aus der praktischen
Erfahrung, die nun schon Jahrzehnte währt. Nur in seltenen
Fällen raffen sich Parteileute auf, in der Kulturpolitik
eine sachkundige Person mit dem Amt zu betrauen.
Gleisdorf und Weiz haben uns die letzten zehn Jahre
vorgeführt, was das bedeutet. Es wird die Kulturpolitik vor
allem einmal als Kulturmanagement verstanden, welches dem
City-Management zuarbeitet und hauptsächlich der
Unterhaltung des werten Publikums gewidmet ist; mit dem
Hauptzweck: PR-Effekte generieren.
Um die Menschen zu bespaßen, um ihnen die Freizeit zu
versüßen, um attraktive Veranstaltungsangebote zu haben,
genügt tatsächlich ein versiertes Kulturmanagement mit
Horizont und Budget. Das ist keine nennenswerte politische
Aufgabe, sondern Verwaltungsarbeit.
In diesem Kontext
kann sich ein Funktionär gut präsentieren; vor Publikum und
via Medien. Der Kulturreferent segnet Budgetvergaben ab und
eröffnet Veranstaltungen, begrüßt also möglichst blumig.
Beachten Sie einmal, wie dicht die persönliche Medienpräsenz
der Verwaltungskräfte dabei ist. Genau! Kulturbeauftragte,
die Abteilungen leiten, müssen nicht gewählt werden, hätten
also im Amt gut zu tun, ohne sich dauernd vor die Kameras
der Presseleute zu drängen.
Dienst am
Gemeinwesen Was wäre nun dem gegenüber
kulturpolitisches Handeln? Daß sich die von Weiz und
Gleisdorf Kulturreferenten erkennbar zu Anwälten des
geistigen Lebens der Städte machen würden. Daß sie
ausgleichend wirken, wo Konsumation boomt und Partizipation
ins Hintertreffen gelangt. Daß sie unterstützen, was genau
nicht marktfähig und daher weniger populär ist. Sie sollten
sich nach kulturellen Schätzen umsehen und diese verstärken.
Der Politiker sollte sich hinter
die engagierten und kompetenten Leute stellen, statt sich
vor sie zu drängen. Die Politik wäre gut beraten, Arbeit und
Engagement von der Basis her zu begleiten und zu verstärken,
statt das zu gängeln und zu vereinnahmen. Oder wie sonst
meint man zivilgesellschaftliches Engagement in der Kommune
zu stärken?
Es herrscht in dieser Dingen noch der
Geist des 19. Jahrhunderts, als man nach der Bauernbefreiung
begriffen hat, daß Untertanen sich organisieren, in
Verbänden/Vereinen zusammenschließen müssen, um politisch
wirkmächtig zu werden.
Das sind einige Gedanken zum Dienst am Gemeinwesen. Dazu
bleibt demnächst noch manches zu sagen. Und die Begriffe!
Handwerk und Kunsthandwerk. Gegenwartskunst und „Hobbykunst“
(Voluntary Arts). Bastelei und Dekoration. Wo all das unter
den Begriff Kunst gestellt wird, kann mit Kulturbudgets
völlig beliebig verfahren werden.
Im politischen Amt
sollte man sich klar ausdrücken können, ohne Phrasen und
verdeckte Intentionen handeln. Wenn etwa lokale Funktionäre
einen passablen Handwerker wiederholt als
„Universalkünstler“ promoten, weil der Mann mit
verschiedenen Materialien umgeht und als Dilettant gerne
malt, kann von Kulturpolitik keine Rede sein.
Wenn
wir keine Begriffe haben, wissen wir nicht, worüber wir
reden. Dann ist alles alles und alles ist egal. Das
bedeutet, unter solchen Bedingungen können Kulturbudgets
gekapert und für völlig andere Zwecke genutzt werden. Dieser
Modus ergibt keinen Gewinn für das geistige Leben der Region
und schmälert die Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens.
Dürfte die Kommune auch in den anderen Ressorts so
vorgehen? Stadtplanung? Wohnbau? Soziales? Gesundheit?
Sicherheit? Wäre es da genauso egal, was mit welchem Wort
bezeichnet wird. Würden Fachleute nicht zurecht
widersprechen? Also: Begriffe! [Fortsetzung]
+)
Für eine nächste Kulturpolitik (Diskursbeiträge)
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