22. November 2018 Beim
weiteren Erkunden einiger Winkel heimischer Eßgewohnheiten, das Trinken freilich
mitgerechnet, bin ich eben auf zwei Kuriositäten gestoßen. Sekt vom Hirschbirnen-Most,
der ein wenig nach alten Büchern schmeckt, und weißer Maisgrieß.
Die Hirschbirnen sind eine alte Preßobstsorte, welche in
der Oststeiermark einst sehr verbreitet war. Mit der Modernsierung der Landwirtschaft und
dem Anstieg des Lebensstandards fielen unzählige der Bäume. Heute landet das, was einst
den ärmeren Leuten vorbehalten war, mitunter als hochpreisige Ware im
Spezialitätenwinkel. Die Hirschbirnen sind mir aber gechmacklich einfach zu rustikal, um
mir als teurer Sekt zuzusagen. Da macht bei mir der Uhudler als Schaumwein viel
eher das Rennen. Doch in Summe ist das ein fröhliches Flanieren durch alte
Geschmackswelten.
Mit der Polenta (weil: la Polenta) ist es
ein wenig verwirrend. Im Laden wird der Grieß selbst unter diesem Namen angeboten, aber
eigentlich steht der Begriff für das Gericht: "è un antichissimo piatto di
origine italiana a base di farina di cereali". Wir sagen zum Mais auch Woaz,
das Gericht nennen wir Sterz. (Einen Waldviertler hab ich dazu Muas sagen
gehört.) Den Sterz wiederum nennen wir heute auch Polenta, dabei erfuhr
ich nun, daß Polenta aus ganz verschiedenen Getreidesorten gemacht wurde und wird. Zur
Erinnerung, Getreidebreie und Suppen waren über Generationen die Hauptspeisen unserer
Leute, Fleisch die Ausnahme.
Was die im vorigen
Eintrag erwähnten Arbeitsunfälle mit Motorsägen angeht, erhielt ich eine feine,
kleine Skizze vom Bauern Richard Hubmann, der sich erinnert, wie sein Vater die erste
Motorsäge kaufte. Das ergab ein weiteres Blatt in der Serie "Ich bin eine
Geschichte", hier online: [link]
Die alten Speisen und Getränke, die alten Lebensweisen,
wer da etwas genauer nachsieht, entdeckt leicht, daß schon meine Generation eigentlich in
einer anderen Welt aufgewachsen ist. Das kann man in jener Leiste auch an den zwei
Miniaturen von Tierarzt Karl Bauer ablesen: [link]
Mit solchen Recherchen lote ich gewissermaßen die
klimatischen Verhältnisse jenes Themenfeldes aus, in dem mich interessiert, welche
Schnittstellen Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst haben. Wo sich
diese Themen in unserer Arbeit auftun, haben sie ja auch diese ganz grundlegenden
Zusammenhänge in bestimmten Lebensbedingungen. Das bedeutet, hier zeichnet sich ein
Arbeiten ab, das seine Ereignisse in der Gegenwartskunst hat, zugleich Klarheiten
herstellt, aus welchen Verhältnissen diese Kunstpraxis erwächst...
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