1. September 2018

Monatswende. Die enorme Hitze dieses Sommers wurde längst vom Regen weggespült. Wo sind wir angelangt? Laufend Headlines, die mich staunen lassen. Und! Wie komme ich dazu, mich von einem Regierungsmitglied auf den Boulevard zerren zu lassen, wo man mich mit einer völlig unerheblichen Hochzeit behelligt, welche Privatsache sein sollte, da die Ministerin sich zu keinerlei Personenkult eignet? Warum muß ich Wochen lang dieses von sich selbst ergriffene Wesen mit dem davon gezeichneten Brautgesicht sehen, wobei sich die Dame dem russischen Staatschef für einen PR-Coup angedient hatte? (Das ist Stoff für Groschenromane!)

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(Quelle: Krone, 30.8.2018)

Und hab ich es richtig verstanden? Zwei unserer Ministerien befinden sich in einem strafrechtlich relevanten Streit miteinander, während der Innenminister sich international zurufen lassen muß, daß man mit Österreichs Diensten derzeit kaum kooperieren könne, weil derzeit sensible Daten dort nicht mehr sicher seien? (Das wurde eben mit Präsident Putin als Hochzeitsgast illustriert.)

Wo ich zuhause bin, ist es momentan im vaterländischen Lager recht still geworden. Da hat man eben noch Wahlen gewonnen, indem ein Schlagwort-Feuerwerk gezündet wurde. Unsere Identität. Heimat. Volk und Volkskultur. Die Wurzeln des Abendlandes, vor allem auch die christlichen. Zu all diesen Aus- und Anrufungen findet sich bei den Vaterländischen freilich so gut wie nichts an Hintergründen, an Tiefe. Konkrete Inhalte? Was immer die sporadische Trachtlerei und das Promoten so mancher Singkreise beinhaltet, umhüllt, eventuell verbirgt, es dominieren Heimat-Surrogate, die uns von der Unterhaltungsindustrie aufgebürdet werden.

-- [Volkskultur] [Heimat und Vaterland] --

Offenbar ist es müßig, solche Umtriebe zu kritisieren. Ich finde dazu bestenfalls Polemiken, die aus beiden Lagern erschallen. Das ist in keiner Weise aufschlußreich, daher unerheblich. Volkskultur. Die Geschichte Österreichs und Europas. Unsere Identität. Ich hab vor einigen Jahren begonnen, solchen Themenfelder konsequent zu besetzen. Das soll einerseits nützen, um für Diskurse zu den genannten Themen gerüstet zu sein. Es ist andrerseits Anlaß, zu untersuchen, was uns umgibt, in welchen Codes solche Zusammenhänge in unseren Lebensraum geschrieben sind. Damit meine ich, diese Themen sollten in der Kulturarbeit auftauchen, können in der Gegenwartskunst vorkommen.

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Sieht man sich etwa die Klein- und Flurdenkmäler in unserer Gegend näher an, überrascht zuerst die hohe Dichte ihrer Präsenz. Dann erstaunt das komplexe Zeichensystem, von dem wir dabei umgeben sind. Schließlich ist das breite Spektrum künstlerischer Konzepte spannend. Das reicht von schlechten, recht unbedarften Arbeiten über Bilder nach Art solider Gebrauchsgrafik bis hin zu elaborierten künstlerischen Werken.

Allein dieses Zeichensystem zeigt uns einen Bogen zwischen Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Hebt man nun den Blick etwas an, um über derlei Landkarten der Bedeutungen hinauszusehen und dabei andere Zeichensysteme einzubeziehen, wird es ebenso komplex wie spannend.

Ich hab das nun einerseits in den "Wegmarken" aufzuarbeiten begonnen, andrerseits mit "Ich bin eine Geschichte" eine Schnittstelle zum Alltagsleben eingerichtet. Ursula Glaeser vom Kulturbüro Stainz hat dazu eben eine exemplarische Geschichte beigetragen, die sich auf ähnliche Art sicher unzählige Male in der Steiermark ereignet hat: [link]

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Nikolaus Pessler

Diese längerfristige Arbeit hat ihre momentanen Schwerpunkte. So im 2018er Kunstsymposion, für das Arbeiten von Nikolaus Pessler in den Fokus rücken. Seine ironisch-kritische Betrachtung der letzten 100 Jahre schafft auch ästhetische Übergänge: [link]

Seit einigen Tagen ist das Booklet zu dieser Veranstaltung in Druck und kann schon online durchgesehen werden. Darin sind die aktuellen Themenzusammenhänge skizziert. Derweil hat sich das zweite Set des Kunstsymposions abgezeichnet.

Das erhielt eben über den abschließenden Abend zu Niki Passaths "theatrum mundi" in der Grazer ESC einen wichtigen Akzent. Wir haben dabei einen Dialog geführt, der unter anderem Punkte unterstreicht, die ich auch mit Maler Willy Rast erörtern werde. (Der Text von Kuratorin Elisabeth Saubach zu Passaths Arbeit enthält eine Reihe von Momenten, die zur Debatte stehen mögen.)

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Martin Krusche (links) und Niki Passath

-- [Das 2018er Kunstsymposion] --

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