16. November 2017 Künstler Selman
Trtovac hat wohl schon die halbe Strecke hinter sich, seine letzte Nachricht kam aus
Zagreb. Derweil hundert andere Handgriffe. Mein Mädchen sagte: "Zu viel
Information!" Ich dachte: "Aber wir leben im
Informationszeitalter." Apropos! Hermann Maurer, der als Informatiker einiges am
Lauf der Dinge in diesem Informationszeitalter gedreht hat, rief gestern um eine
kurzfristig zu vereinbarende Besprechung an.
So was führt bei mir stets zu sehr ernst gelagerten
Projektskizzen, mit denen ich versuche, spontane Komplexitäts-Krisen zu bewältigen, was
bedeutet, derlei Momente können mich ob ihrer Komplexität in eine Krise werfen. Auch das
zeigt so einen Aspekt von Zu viel Information!
Maurer hatte vorgestern ein Arbeitstreffen mit SFG-Boss
Burghard Kaltenbeck. Das verlief vorzüglich und wir können nun in unserer aktuellen
Projektentwicklung den nächsten Schritt tun. Das entfaltet sich entlang meiner
Vorstellung, daß wir Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft inhaltlich in Wechselwirkung
bringen. Die anstehenden Fragen in derzeit wirksamen Umbrüchen scheinen mir anders nicht
bewältigbar.
Von links: Wissenschafter Hermann
Maurer, Künstler Martin Krusche,
Unternehmer Ewald Ulrich und SFG-Boss Burghard Kaltenbeck
Das trifft sich mit der dritten oststeirischen Session
unseres Kunstsymposions, die ab morgen in einem zweitägigen Set über die Bühne
geht. Und zwar in Albersdorf: [link] Diese zwei Tage haben in der Performance des Mazedoniers Milan
Mijalkovic eine dem Publikum zugewandte Seite. Sie sind aber primär der inhaltlichen
Arbeit gewidmet, wobei der eingangs erwähnte Selman Trtovac, Künstler und
Kunsttheoretiker aus Beograd, sich mit seinen Erfahrungen einbringt.
Beide, Mijalkovic und Trtovac, kommen ja aus einer
fundamental anderen Situation der Staatlichkeit und des Kulturbetriebs. Darin liegen
überdies einige Bezugspunkte, auf die sich Heimo Müller bezog, als er für morgen das
Thema Landkarte der Angst, Zuversicht" angesetzt hat. Ich hab das im gestrigen Beitrag notiert.
Der Samstag Nachmittag ist den Strategien der Kunst
gewidmet. Dabei gehen wir von einem Setting aus, in dem ich mit Patrick Schnabl, dem
Leiter der Kulturabteilung des Landes Steiermark, einen Punkt im Status quo markiere. Das
ist aus meiner Sicht mit einigen Fragen belegt, seine Sicht werden wir am Samstag
erfahren.
Kulturamtsleiter
Patrick Schnabl mit Hilmar Hoffmanns "Kultur für alle"
Ich hab das zum Anlaß genommen, mich wieder einmal
auf den Kanadier Simon Brault zu beziehen, dessen Streitschrift No
Culture, no Future" bei uns natürlich nicht sehr populär geworden ist.
Die gemütlichen 1980er sind schon ein Weilchen versunken.
Wir leben nicht mehr in dieser Beschaulichkeit und Fülle. Wir haben damals auch einiges
verschnarcht, was sich etwa in jenem Rechtsruck der österreichischen Politik ausdrückt,
von dem sich nun so viele Leute teils überrascht, auf jeden Fall brüskiert fühlen. (Als
wäre das vom Himmel gefallen!)
Mein Mission Statement mit den für mich
vorrangigen Fragen habe ich hier deponiert: [link] Ich bin sehr
neugierig, was unsere südslawischen Gäste einbringen werden und was der Kulturamtsleiter
zur Debatte stellt. In der Nachschau fiel mir gerade auf, daß Selman Trtovac mit Radenko
Milak 2014 bei uns in Gleisdorf war, als wir über 1914-2014 nachdachten: [link]
Trtovac aus Serbien, Milak aus Bosnien, man darf raten,
warum mir an damals und zu diesem Anlaß an genau diesem Setting lag. (Milak ist übrigens
heuer Repräsentant Bosniens auf der Kunstbiennale von Venedig.)
In einigen Ankündigungen stand, unser Symposion stünde
unter der Patronanz dreier Bürgermeister, die zugleich für unsere drei
Veranstaltungsorte stehen. Das meint genau nicht diese antiquierte Nummer des "Ehrenschutzes",
was ja bloß bedeutet, ein Funktionstragender rückt sich ins Licht der Öffentlichkeit.
Von links: die Bürgermeister Werner
Höfler, Robert Schmierdorfer
und Peter Moser bei Mythos Puch IV
Das läuft hier anders. Werner Höfler, Peter Moser und
Robert Schmierdorfer haben für sich selbst aktive Rollen in diesem Prozeß gefunden. Das
bedeutet, wir verständigen uns inhaltlich. Sie übernehmen Verantwortung für die
Umsetzung. Das reicht bis zum konkreten Zupacken an den Veranstaltungsorten, wenn etwas
erledigt werden muß. (Da gibt's keine Verwaltungskräfte, die ihr Personal losschicken.)
Das ist etwas, woraus Projekte eine spezielle Qualität
beziehen. Sie schöpfen sich nicht aus üppigen Budgets, sondern aus Übereinkünften,
denen sehr persönliche Anstrengungen folgen. Das ist natürlich auch eine Frage der
Dimensionen einer Kommune. Es entwickelt sich eine qualitativ völlig andere Art der
Kooperation, wenn Ziele erreicht werden, indem man den einen oder anderen Halbtag
miteinander verbringt, um anstehende Aufgaben zu erledigen.
Bürgermeister Werner Höfler
(links) beim Ausstellungsaufbau
So gewinnt meine Vorstellung einer kollektiven Wissens-
und Kulturabeit abseits des Landeszentrums eine sehr konkrete Gestalt, die auf
zwingende Art all jene ausschließt, denen man schnell anmerkt, daß sie bloß eine Bühne
betreten möchten, um sich den Menschen zu zeigen, wofür andere die Jobs machen dürfen,
die dazu nötig sind.
Fußnötchen: Aus unserem Modus entsteht dann mitunter auch
jenes Vertrauen, das hilfreich ist, wenn jemand bei komplexeren Vorhaben ein finanzielles
Risiko übernehmen müßte, wie ich es aufgrund meiner sozialen Position nicht tragen
kann. Ich brauche gerade in solchen Zusammenhängen Partner, die etwas belastbarer sind,
als der Sachbearbeiter meiner Bank. Dabei geht es dann überdies um Paktfähigkeit.
Naja, sehr spannende Zeiten, um kulturelle Optionen in der Provinz auszubauen, wo so
manche Verhältnisse enger werden.
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