21. Februar 2017 Wie
sehr möchte man doch annehmen, das Feld der Kultur- und Wissensarbeit sei ein
Terrain, auf dem sich von allerhand betrüblichen Verhaltensweisen Abstand gewinnen ließe
und allein das Thema würde für sich schon Praktiken der Niedertracht ausschließen.
Das ist eine törichte Vorstellung. Es ließe sich ganz
unaufgeregt notieren: Die Niedertracht findet immer einen Weg und keine Nische ist ihr zu
unerheblich. Eigentlich eine bewundernswerte Qualität.
Nein, keine Sorge, ich gehe hier weder ins Detail von
aktuellen Ereignissen, noch ist das ein Anlaß zur Larmoyanz. Mir liegt bloß daran, eine
kleine Markierung zu setzen, um diesen Abschnitt eines Übergangs deutlich zu machen.
Ich war jetzt rund zwei Jahre damit befaßt, ein Stück der
Arbeit in der Region hinter mir zu lassen, um auf neuem Terrain eine neue Konzeption zu
erproben und dafür ein neues Netzwerk aufzubauen. Das war notwendig, weil meine
vorherigen Arbeitsansätze zu große Widerstände hervorgerufen hatten.
Im Kern ging es um eine Haltungsänderung
Kulturschaffender: "Vom Subventionsempfänger zum Kooperationspartner";
siehe zum Beispiel: [link] Also ein Schritt zu essenziell mehr Eigenverantwortung, somit
auch mehr Selbstbestimmung.
Ich hatte freilich unterschätzt, wie sehr das an zwei
Aspekten der Community rüttelt: a) Die Hierarchie, in der sich Politik und Verwaltung
aufgestellt sehen und b) die Bequemlichkeit von Kulturschaffenden, denen zuvor allerhand
Arbeit erspart blieb, welche nun selbst zu leisten wäre.
Nun führen derzeit unter anderem neue Budgeteinbrüche
dazu, daß im Kulturbereich einmal mehr Verteilungswettkämpfe beginnen, die zu ganz
konkreten Verdrängungswettbewerben führen. Das kann freilich nicht offen debattiert
werden, denn wir Kunst- und Kulturschaffenden, wir tun sowas offiziell doch nicht..
Glauben Sie das? Ich nicht! Diese Markierung zum nämlichen
Datum ist nötig, um einen Prozeß zu akzentuieren, der sich augenblicklich in seinem
zweiten Jahrzehnt befindet. Im Zeitfenster 2002/2003 kristallisierte sich mein
Langzeitprojekt "The Long. Distance Howl" [link] heraus.
Die Grundidee ist dem Genre der Konzeptkunst
zuzuordnen, die konkrete Ausgangssituation hat es nahegelegt, eine "Art Under Net
Conditions" zu formulieren, eine Kunst unter Bedingungen der Vernetzung.
Zum Beginn des Vorhabens habe ich einen Teil meines realen
Lebensraumes zur "Bühne" erklärt, zu jenem Ereignisraum, auf den ich einwirken
möchte, um diesen Prozeß zu initiieren, der folglich nicht bloß
"Bühnenstück", künstlerisches Werk sei, sondern in das reale Leben der
Menschen eingehen möge.
Die Suchmaschine hat mir hier gerade ein paar
Referenzpunkte ausgeworfen. Es erinnert daran, schon der Beginn dieses Projektes von
kulturpolitischen Konfliktlagen geprägt war. Im Jahr 2013 habe ich zum damaligen Aprilfestival
einige der Punkte zusammengefaßt: [link]
Das verweist auf die unmittelbare Vorgeschichte des Howl.
Zitat: Zu meinen Reaktionen auf diese Verhältnisse gehört dann auch die
"Verschwörung der Poeten", die in der 49. Kalenderwoche 2002 online gegangen
ist: [link]
Damals war zu notieren: "Hier rundet sich nun ein
Jahrzehnt im Lauf eines Projektes -- 'the long distance howl' --, mit dem ich mir
vorgenommen hatte, das kulturpolitische Klima in meinem Lebensraum zu verändern. Dazu
haben inzwischen viele engagierte und inspirierte Menschen beigetragen."
Es sind also fast eineinhalb Jahrzehnte des Projektes
vergangen, bis 2013 sollte es abgeschlossen sein. Nicht zu vergessen, daß in jenem Blatt
auch festgehalten blieb: "Das war manchmal sehr persönlich ausgerichtet; siehe
'Weg mit Krusche!' [link]
Das kommt gelegentlich sehr allgemein daher; siehe jüngst: 'Weg mit der Kunst!' [link]"
Damit komme ich zum aktuellen Anlaß für diese Notiz. Zwei
Jahre hat sich hier von der alteingesessenen Community praktisch niemand um mein Tun
geschert. Wie eingangs erwähnt, ich war damit befaßt, in einem neuen Bezugssystem ein
neues Konzept zu erproben und dafür ein neues Netzwerk aufzubauen.
In den letzten Tagen haben mich zwei maßgebliche Personen
um Verhaltensänderungen gebeten, weil das Gelingen dieses neuen Prozesses bei Politik und
Verwaltung für Unruhe sorgt. Ich kann diese Wünsche nicht ignorieren, denn Teamwork in
einer Kooperation verlangt, daß man die Interessen der anderen Beteiligten beachtet.
Um es klar zu betonen: Auch Kunst und Kultur sind Genres,
in denen nicht einfach irgendwem etwas gelingen darf, ohne daß außenstehende Kräfte,
also Leute, die nicht unseren Arbeitsgruppen angehören, sich dabei exponieren und mit
ihren Partikularinteressen einbringen würden; um nicht zu sagen: sich hereinzudrängen.
Das bedeutet auch, an manchen Stellen der etablierten
Hierarchien sitzen Menschen, die sich durch ihre frivolen Ansprüche die Leistungen
anderer nutzbar machen möchten. Diesen Effekt finde ich dann aber ebenso unter den Kunst-
und Kulturschaffenden. Eine Art der Trittbrettfahrerei.
Ich hab das gerade erst unter "Kultur kurios:
Warme Eislutscher" [link]
beschrieben. das bedeutet, wir haben nicht die Freiheit, in einem freien Land unsere
Kräfte zu bündeln, um unbehelligt an einigen kulturellen Aufgabenstellungen zu arbeiten.
Wir müssen einen Teil dieser Kräfte für strategische Erwägungen reservieren, um
mögliche "Revierkämpfe" zu vermeiden, um uns gegen informelle Übergriffe zu
wappnen etc.
2013: "weg mit der kunst!"
Das spottet allen Regeln, denen wir uns verpflichtet sehen,
ist aber hinter den Kulissen offenbar eine Praxis, die nicht verebben will. Ich hab
inzwischen begonnen, unter "Status 2017" wieder einmal
zurückzublicken, um diesen auf 20 Jahre angelegten Prozeß halbwegs überschaubar zu
halten.
-- [Status 2017] --
Es sollte ja eigentlich vor allem ein künstlerischer
Prozeß werden. Daß es in so hohem Maße ein kulturpolitischer Prozeß werden würde, hab
ich damals nicht kommen gesehen. Als das erste Jahrzehnt Projektlaufzeit sich 2003
rundete, habe ich notiert:
Wir haben
allerdings stets neu zu verhandeln, nach welchen Kriterien wir welche Freiheiten als
allgemeines Gut" außer Streit gestellt sehen möchten. Dazu müssen wir
verstehen, was in uns selbst vorgeht und wie wir mit anderen darüber kommunizieren
können. Das sind zugleich "Kernzonen" der Kunst. Kaum eine andere Profession
ist der Erweiterung und Verfeinerung solcher Möglichkeiten derart grundlegend gewidmet.
[Quelle]
Das wird wohl auch als einer der Aspekte zum Tragen kommen,
wenn Heimo Müller (Blogmobil) zum heurigen Kunstsymposion [link] beginnt, eine "Landkarte
der Angst" aufzublättern, wobei er ich mit dem serbischen Künstler Selman
Trtovac im Dialog befindet; siehe: [link]
-- [Kulturpolitik] -- |