26. Jänner 2016 In der Zusammenarbeit mit Künstler Niki Passath [link] habe ich eine Begriffsdeutung von Hacking erfahren, die
ich vergessen hatte. Die Tage, wo wir über Hacking the Future sprachen, sind
längst verklungen. Damit war damals ja kein krimineller Akt gemeint.
Inzwischen gilt vor allem als Hacker,
wer etwa in fremde Systeme einbricht. Vielleicht liegt darin auch ein Hinweis, wie sehr
sich unsere Verhältnisse angespannt haben und wie viel Feindseligkeit sich breit macht.
NIKI PASSATH BEI UNSEREM 2015ER
KUNSTSYMPOSION
Ich hab im vorigen Eintrag von einem geschichtsträchtigen Beispiel erzählt,
einem lautstarken Antisemiten, der zumindest auf der Ebene eines Maulhelden zu
abstoßenden Gewalttaten bereit wäre. Es ist längst auch wieder sehr großes Mißtrauen
zwischen Staat und Zivilgesellschaft. Das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat
scheint sich ebenfalls immer mehr anzuspannen.
Auf der einen Seite kriegt ganz Europa weder
Steuerflucht, noch Korruption in den Griff, weil noch nicht einmal die nötigen
gesetzlichen Mittel gefunden werden wollen. Auf der anderen Seite bekommen selbst kleinste
Betriebe eine Registrierkassenpflicht aufgebürdet. Und wenn ich es recht verstehe,
sollte ich als Kunde sogar verpflichtet sein, bei jedem Deal einen Kassazettel
entgegenzunehmen.
Das sind keine ermutigenden Zeichen, wenn ich
über das Maß unserer Klugheit nachdenke. Eine Klugheit, die gefordert wäre, weil wir
unter mehreren vor allem zwei sehr radikalen Kräftespielen ausgesetzt sind.
Beide wiederhole ich hier schon eine Weile und
werde sie wohl weiter wiederholen müssen. Es ist die Geselligkeit vor den Toren der Wohlstandskuppel,
in der wir rund 1,5 Milliarden Globalisierungsgewinner leben, an deren Schwelle mehrere
Milliarden Globalisierungsverlierer stehen. Und es ist der radikale Umbruch unserer
Arbeitswelt und unserer Begriffe davon, auf dem Weg in die Vierte Industrielle
Revolution.
Wie lustig, daß in der Provinz derzeit ein
Kulturbereich boomt, in dem "Kunst und Kulinarik" dominieren. Dazu
könnte einem auch noch das Thema Ernährungssouveränität einfallen. Tut es
aber nicht. Nein, ich halte mich keinesfalls für einen Agenten des Alarmismus.
Ich erwähne diese Punkte bloß, weil mich derzeit beschäftigt, wie sich Kultur- und
Wissensarbeit nun mit Kunstpraxis treffen können, um solchen Status quo ernst zu nehmen,
ohne dabei Agenturen des Alarmismus zu werden.
Das ist ebenso spannend wie herausfordernd. Zurück
zum eingangs angerissenen Thema Hacking, das für mich ja ein Netzkultur-Thema
ist. Ich wende neuerdings wieder mehr Zeit auf, um etwa Gemüse zu schneiden und dann
herauszufinden, wohin ich die Dinge im hohen Topf bringen kann.
Gestern Abend war eine erhebliche Menge (angenehm
bißfest und saftig) vor mir, aber trotz Salz, Pfeffer, Muskatnuß und Knoblauch von
äußerst lauem Geschmack. Ich deponierte auf Facebook eine Nachricht:
"da
ich ohne visionäre kraft in küchenfragen zur welt kam: welches gewürz, das mir sicher
noch fehlt, sollte ich beschaffen, um einem topf mischgemüse (kartoffel-karotten-
kohlrabi-dominanz) etwas mehr selbstvertrauen zu geben? (hängt ein bißl lasch her, das
gesindel.)"
Danach entfaltete sich eine lebhafte
Korrespondenz, an der eine wachsende Zahl von Personen teilnahm. Das führte zu eine Kette
von Effekten. Erstens erfuhr ich, was ich mir noch an Gewürzen kaufen sollte, um in
Zukunft mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu haben.
Zweitens kam ich darauf, was ich eh im Haus
hab, aber nicht in Erwägung gezogen hatte. So entwickelte sich drittens der Gemüsetopf
zu einem erstaunlich wohlschmeckenden Ereignis.
Und das ist, was mir Nicki Passath als Hacking
in Erinnerung gebracht hatte: Mit Bestehendem, mit Vorliegendem auskommen, aber daraus
neue Lösungen zu ziehen, etwas daraus zu machen, was aktuellen Anforderungen genügt.
Zugleich war das ein unterhaltsames Netzkultur-Ereignis,
wie ich von da draußen Empfehlungen erhielt, zwischen Herd und Schreibtisch pendelte und
dank des wachen Netzwerkes meine Fertigkeiten erweitern konnte. So wäre also Hacking
the Future im Sinne einer Netzkultur-Entwicklung über die Kooperation sehr
vielfältiger Talente eine Option, die nicht ignoriert werden sollte.
Das beschäftigt mich als ein Thema im
aktuellen KulturGeviert [link]
und im Zusammenhang von Kontext 2016. So ist das auch mit "In der
Ebene" gemeint. Keine schlampigen Höhenflüge. Jetzt wollen doch wieder einmal
ganz grundsätzliche Fragen irgendeine Klärung finden...
-- [In der Ebene] -- |