22. Juli 2015Diese heißen Sommertage sind mir zur Einübung in das aktuelle
Dschungel-Klima gut, denn in wenigen Wochen werde ich mich neben Heimo in die Kabine des
alten LKW schmeißen und dann geht es Richtung Beograd. Das läuft auf eine heiße Tour
hinaus. Der Steyr 680 stammt aus dem Jahr 1968. Man sitzt praktisch auf dem
Motor.
Der Steyr auf diesem Foto ist einiges älter,
nämlich aus den 1930er Jahren. Heinz Mesicek dirigiert die Fuhre hier gerade vor dem Puchmuseum
in Judenburg. Er hatte sein Steyr 100 Cabrio abgeholt und dafür die Limousine
gebracht, das erste serienmäßige Stromlinienauto Österreichs; siehe: [link]
Raumüberwindung, Formensprache. Kulturelle Codes. Dieser
Zusammenhang beschäftigt mich gerade sehr und ist Teil des heurigen Kunstsymposions: The
Track: Pop | Ikarus [link]
Da ich mich selber zu den Kindern des Ikarus
zähle, zum unvernünftigen Teil der Geschichte, bin ich in diesen Fragen auf sehr
romantische Art unterwegs. Der Preis für diesen Weg ist freilich hoch angesetzt. Dem ist
hier im Lyrikbereich ein eigener Absatz gewidmet: Asphalt [link]
Ein anderer Teil der Geschichte: Ewald hat mir die Grafik
der Burschen von WiGL-Design mitgebracht. Eine Aufriß-Zeichnung des Puch G.
Das kantige Nutzfahrzeug mit den planen Flächen, das sich schließlich auch als PKW in
den Städten durchgesetzt hat, sogar als Lifestyle-Produkt.
Das ist eine im Grunde völlig verrückte Geschichte, fast
so, als würde jemand mit einer Planierraupe bei der Oper vorfahren. Ich werde dieses
Blatt bei "Mythos Puch" zeigen können: [link]
Das Handwerk. Das Design. Die Gegenwartskunst.
Und das im Spannungsfeld mit der Volkskultur. Mit dieser Themenstellung möchte
ich heuer vorankommen. Das Grundsätzliche wird dann aber auch in einen größeren
Zusammmenhang gestellt.
Im Projekt "From Diaspora to Diversities"
[link] lotet ein
internationales Team aus, welche Wirkungen weltweite Wanderbewegungen auf nationale
Kulturen haben. Es ist ja ein wenig gespenstisch, daß wir heute teils gegen Widerstände
untersuchen müssen, was die längste Zeit eine der Grundlagen kultureller Entwicklungen
Europas war; nämlich die Wechselwirkungen dieser multiethnischen Situation.
Darin liegt einer der Zusammenhänge, weshalb Ewald gestern
zu einem Gastmahl lud, was im Altgriechischen "Symposion" heißt. Eine
Tischrunde mit Menschen aus mehreren Ländern, Reisende, Flüchtende, Männer mit sehr
unterschiedlichen Talenten, Fertigkeiten.
Das ist es auch, worüber ich mich mit ihnen verständige.
Nicht ihre Defizite, sondern ihre Vorzüge. So hat es mit Imed schon erste Schritte einer
konkreten Zusammenarbeit gegeben: [link] Das führt nun zu nächsten Verzweigungen.
Vielen Menschen ist das ja nicht klar, wie sehr der Zugang
zu künstlerischen Motiven und Ausdrucksformen ganz unmittelbar aus einer Begegnung etwas
völlig anderes werden lassen kann. Wir haben praktisch ansatzlos ein gemeinsam
betretbares Bezugsfeld, wobei völlig unerheblich bleibt, daß wir verschiedenen Ethnien
entstammen und ganz verschiedenen Generationen angehören.
Imed wird nun seine Deutung des "Demon of
Speed" erarbeiten, die dann auch ins heurige Kunstsymposion eingeht. Über
einige Komponenten, die wir entbehren können, ist sein Vorhaben nun mit unserem "Fiat
Lux" verknüpft. Das Maschinchen wurde ja, auf der Schale und Grundform
aufbauend, völlig neu gestaltet: [link]
Dadurch waren Teile des Serienproduktes auszuscheiden, die
Imed nun offenbar gut brauchen kann, um sein nächstes Objekt aufzubauen. Auch das
bedeutet Kulturarbeit, und zwar weltweit. Solange die Sprache noch mit zu hohen
Barrieren umstell ist, können wir auf symbolische Ebenen ausweichen.
Im Zentrum solcher Prozesse steht die Klarheit, daß wir
nur in guten Kontrasten besser sehen, wie ein "Wir" immer auf das "Andere"
angewiesen ist, um sich selbst deutlich werden zu können. Das bedeutet auch, jede
regionale Kultur ist auf Berührungen mit anderen Erscheinungsformen angewiesen, um nicht
an sich selbst blind zu werden.
Ich verstehe ja, daß diese Klarheit manchen Menschen fremd
ist, die sich nach getaner Arbeit bloß noch vor das Fernsehgerät wuchten und deren Leben
sich hauptsächlich ereignet, wenn endlich das Wochenende da ist.
Wer so in seinem kleinen Gärtlein oder hinter seinem Ofen
(über-) leben will, wird die Begegnung mit Fremden eventuell als störend empfinden, weil
diese Begegnung mindestens eines klar macht: Da draußen ist eine Welt, die ist größer
als mein Platz im Garten, hinterm Ofen...
-- [Generaldokumentation] -- |