23. Mai 2014 Ich habe gestern erwähnt, daß ich mit dem Historiker Karl
Stocker einst die Auffassung geteilt habe, "daß Texte Werkzeug und Waffe
sind", was für mich bis heute Gültigkeit hat. Ich hab danach in meinem kleinen
"Schwellen-Text"
zu The Track: Pop einen Gedanken aus der Faschismus-Theorie von Umberto Eco
deponiert; daß nämlich kritischer Dissens ein Mittel zum Erkenntnisgewinn sei.
Ich könnte nicht behaupten, daß sich meine Leute darum
reißen. Statt Dissens als Anregung zu nützen und als "Betriebsmittel" zu
begrüßen, wird er meist einer Rubrik mit dem blassen Titel "Persönliche
Angriffe" zugeschoben. Kritik und Dissens sind einer Art Einbahnsystem zugeschrieben,
in dem sich Machtverhältnisse ausdrücken. Daran hat sich bisher nicht viel geändert.
Ich gehe davon aus, daß diese Eigenheit vieler meiner
Leute eine Frucht der Gegenreformation ist, in der alte Hierarchie-Modelle bestätigt und
weiter gepflegt wurden. Das verfiel auch im Ende der Feudalzeit nicht. Danach schwang sich
der Pöbel auf, der Rotz wollte herrschen, Hitler und seine Buberl-Partie restaurierten
mittelalterliche Gefolgsschaftsmodelle und reicherten sie um einen Rassenhaß an, der uns
bis heute nicht vergangen ist.
Ich finde es übrigens ziemlich interessant, Ecos
Faschismus-Theorie durch die Augen des Islamkritikers Ibn Warraq zu betrachten: [link] Aber diese Dinge möchte ich im Moment hier gar nicht weiter
ausbreiten, hab auch aus den vorigen Tagen inhaltlich noch ein paar andere Dinge
einzulösen.
Doch nun hat sich eine neue Angelegenheit
dazwischengeschoben, eben diese Klärung bezüglich eine Nachfolge-Abschnittes von The
Track: Axiom. Und das ist nun, da bin ich sicher, The Track: Pop. Blühender
Dissens war dazu eine wesentliche Triebkraft.
Dann landete ich nachts bei "Voodo Chile"
und "Little Wing" von Jimi Hendrix. Stoff, bei dem Handwerkerin Ida
Kreutzer anzudocken wußte. Außerdem hatte ich mit dem Sir schon vorgebaut, wir
waren eigentlich seit über einem Monat auf dem Weg einer nächsten Anbahnung poetischer
Konspiration. Oliver Mallys "I'm in! what else?" setzte nun für meinen
nächsten Abschnitt einen deutlichen Akzent.
Zu all dem paßt eine übrige Kleinigkeit, die ich in den
letzten Tagen mitnehmen konnte. Mein Mädchen hatte mir erst untersagt, dieses Bild aus
der Privatheit in die Öffentlichkeit zu zerren, aber ich konnte dann doch noch Zustimmung
erwirken.
Es fügt sich also diese Momentaufnahme sehr fein zu meinem
jüngsten Diva-Anfall. Vielleicht sollte ich das Krönchen gleich weiterreichen; Details
dazu findet man im gestrigen Eintrag. Ich sollte
mich inzwischen eigentlich verstärkt ums Geldverdienen kümmern, denn da draußen stocken
die Budgetflüsse und ich schramme langsam an der Pleite dahin.
Aber das ist nicht die erste Engstelle im Lauf der Dinge
und solche inhaltlichen Fragen auf dem Kunstfeld haben einfach Vorrang. Während ich hier
im Plauderton verbleibe, sind erste Details im oben erwähnten "Schwellen-Text"
zu The Track: Pop dargelegt.
Es ist das alles, so viel darf ich verraten, mit jedem
weiteren Stück Tiefe von einer sprunghaften Komplexität. Deshalb versuche ich gar nicht
erst, das hier verkürzt wiederzugeben.
Mika ist mir ihrer kuratorischen Arbeit zu einem zentralen
Element in diesen Entwicklungen geworden. Ich habe mit ihr darin eine magische Mischung
aus Dialog und Eigensinn. Sie hat außerdem in ihrem Herzen jene Liebenswürdigkeit, die
in meinem Herzen bestenfalls als Derivat vorhanden ist.
Also: Pop! Und die Tyrannis, deren süßes Gift so haltbar
ist. Plus jene Massenmobilisierung, welche uns die Nazi in Aussicht gestellt haben, als
die Futuristen schon im Detail auf den Punkt gekommen waren.
Ich erhielt eben eine Plakette, die man nicht kaufen kann,
die innerhalb eines informellen Netzwerkes vergeben wird. Johann Puch war 1862 als Janez
Puh geboren worden. Er starb im Jahr, als der Große Krieg ausbrach. Das
bedeutet unter "Graz 2014": Hundert Jahre. (Unsere übliche
Zahlenmagie.)
Daran ist bemerkenswert: Diese fast eineinhalb Jahrhunderte
seit Puchs Geburt sind genau der Zeitraum, in dem das Hochrad sich als technische
Errungenschaft durchsetzte, zum sicheren Niederrad mutierte und einige Grundlagen
für moderne Automobile ergab.
Ohne es rational begründen zu können, paßt mir dazu
jetzt eine sehr berührende Arbeit von Ilya Kabakov, die ich kürzlich gesehen hab: "The
escape. The man who flew into space from his apartment" (1988). Über dem gut
erkennbaren Schleudersitz aus einem Lederfleck, Gurten und Bettfedern prangt in der Decke
ein ausgefranstes Loch. Das erinnert wiederum an die Kollektiven Aktionen aus
Moskau, mit denen Mika schon an einer nächsten Station tüftelt, die wir wohl in Serbien
realisieren werden.
-- [The Track: Pop] -- |