24. April 2012

Ich habe entschieden, daß dies ein ruhiger Tag werden muß. Eine Nische, eine Bucht, eine Fahrt auf ruhigem Gewässer. Metaphernwirtschaft. Naheliegend, da mir ein Abend bevorsteht, an dem ich als Künstler meinen Augenblick haben werde.

Nun geht es um eine Revision meiner Arbeit für den kommenden Samstag: [link] Das läßt sich keinesfalls nebenher erledigen. Aber es ist auch so, daß mir diese Art der Arbeit sehr abgeht, wenn sie zu lange keinen adäquaten Platz bekommt.

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Ich bin nun gut zwei Jahre als Künstler kaum präsent gewesen. Die krisenhaften Entwicklungen im Metier haben anderen Zugriff verlangt, damit das größere Ganze stabil bleibt und nicht den Bach runtergeht. Das ist okay und in gewissem Sinn Teil des Werkes. Aber das kann und darf eben kein Dauerzustand sein.

Zugleich liebe ich es, in solchen Kräftespielen der Unwägbarkeit Neuland zu erreichen und zu erfahren, was dann dort zu finden ist. Das erwähnte „große Ganze" ist „the long distance howl", ein Vorhaben, in dem ich nun bald das erste Jahrzehnt abgeschlossen habe. Siehe dazu: [link]

Merkwürdig an solchen Tagen: Erschöpfung ist wie Meditation. Und die Erfahrung im Schreiben von Lyrik handelt von einem Bündeln der Wahrnehmung, das zu sehr sparsamen Schritten führt. Das ist mit dem Zustand geringer Kräfte sehr gut vereinbar.

Wie etwa ein Maler auf dem Weg zu einem Bild Studien betreibt und unzählige Skizzen anfertigt, zeichne ich im Kopf. Wochen. Monate. Mein Leben schreibt und zeichnet mit. Die daher rührenden Verläufe sind mir manchmal nicht geheuer, aber meist willkommen.

Kürzlich saß ich mit einem Ingenieur bei einem Faß Kaffee und einem Berg von Kuchen. Der Mann kommt vom Maschinenbau, arbeitet heute als Statiker. Das könne man nicht ewig machen, sagte Hermann en passant, man sei ein Rechenknecht mit dreißig Jahren Haftung. Durch ihn kam ich auf Walter Kappachers Roman „Silberpfeile", der mir entgangen war.

Kappacher eröffnet dieses Buch mit einem Zitat von Joseph Conrad: „Man muß eines von beiden: brennen oder faulen."

Damit wäre zwar nicht alles, aber doch sehr viel gesagt. Das verböte auch jenen Chor von Jammertönen, mit dem sich in meinem Metier allerhand Leute in den Schlaf singen, um dann, schnarchend, gegen all die Ecken und Kanten zu stoßen, die auf dem Weg unsere Passagen verengen.

Natürlich hat landesüblicher Kummer reale Fundamente. Ich hab es gerade in der vergessenen Studie nachgeschlagen, die im Ministerium in Wien Staub anlegt:

>>Diese kunstnahen und/oder -fernen Tätigkeiten dienen wesentlich der finanziellen Absicherung, denn die Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit sind gering und für einen Großteil der KünstlerInnen unregelmäßig und schwer planbar. Im Mittel betrug das Einkommen aus künstlerischer Arbeit im Erhebungsjahr 4.500 Euro netto, tendenziell lukrieren Filmschaffende und Darstellende KünstlerInnen etwas höhere Einkommen aus ihrer künstlerischen Arbeit.<<

Quelle: "Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich", Susanne Schelepa, Petra Wetzel, Gerhard Wohlfahrt, unter Mitarbeit von Anna Mostetschnig. Zu finden auf meiner einschlägigen Link-Sammlung: [link]

Da, gemessen an meinem Alter und meiner vielfältigen Erfahrungen und Kompetenzen, 4.500 Euro brutto mein Monatseinkommen als Künstler sein sollte, nicht netto mein Jahreseinkommen, muß klar sein, da sind andere Strategien fällig.

Ich hab in meinem Projektlogbuch gerade ausgeführt, daß Österreich keinen Kunstmarkt hat, auf dem eine nennenswerte Anzahl Kunstschaffender zu so einem Monatseinkommen gelangen könnte, daß andrerseits der Traum von 100 Prozent Finanzierung durch den Staat absurd ist: [link] Da bleiben also einige interessante Fragen zu klären.

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