15. März 2012 Kürzlich hatte ich den prägnanten Citroen HY erwähnt,
einen geschichtsträchtigen Transporter aus Frankreich; siehe den Eintrag vom 1. März! Nun bin ich in Gleisdorf über eine ältere
Legende aus dem gleichen Stall gestolpert.
Der Traction Avant wurde eine ökonomische
Katastrophe für das Haus Citroen und ein Meilenstein in der Automobilgeschichte.
Das ist ein Motiv von metaphorischem Potential. Das Risiko finanzieller Desaster, um neue
Möglichkeiten auszuloten.
Oder hänge ich hier an romantischen Gängelbändern? Ich
hab im vorigen Eintrag von der Aufregung
erzählt, die mich in der Lektüre einiger großer amerikanischer Romane begleitet hat,
allen voran Norman Mailers "Die Nackten und die Toten".
Das Büchlein habe ich aus Sentimentalität gerade
ausgegraben. Ich bin schon so lange nicht mehr bereit, diese Aufregung zu entbehren.
Ästhetische Erfahrungen und Denkabenteuer. Der Kunstkontext als soziokulturelle
Kuschelecke? Nicht mit mir!
Es geht genau NICHT um Schonräume, Rückzugsgebiete,
Wellness-Zonen. Dafür haben wir unsere Wohnzimmer mit den Fernsehgeräten. Dafür haben
wir Thermen und Spelunken. Aber die Befassung mit Kunst, diese Einlassung, muß dem
Ausgesetztsein nahekommen, muß das Gegenteil von Bedeckung zulassen.
Ich bin ein etwas müder Beobachter großer Gesten, die in
den meisten Fällen nicht mehr waren, als die Verkleidung kleiner Begehrlichkeiten, die
als große Ideen daher kommen wollten.
Vielleicht ist das meine spezielle Dünkelhaftigkeit, von
solchen geschwätzigen Auftritten vor allem in Kulturbereich enttäuscht zu sein. Aber wie
oft war zu sehen, daß sich Spießer oder Mittelschicht-Trutschen als Kunstschaffende
kostümiert haben, als Kulturschaffende hervorgetan haben, weil anscheinend die Vermutung
naheliegt, dies sei ein Feld der Ungenauigkeit.
Kürzlich las ich erst wieder solche Kalenderspruch-Geschwätzigkeit: "Alles ist
Kunst". Das finde ich provozierend. Genügt nicht der Boulevard als weites Feld
solcher Schlamperei? Haben die Falschmünzerei und das Trittbrettfahren nicht genug
Terrain im Alltag der Menschen?
Ich werde in diesen Dingen immer streitbarer statt milder.
Es ist vor allem dieses schreiende Desinteresse, an dem ich mich so sehr stoße. Wenn
einem das Thema dermaßen egal ist, daß man nicht einmal seine einfachsten Grundlagen
kennt und statt dessen den Brei bevorzugt -- "Alles ist Kunst"
--, dann wünschte ich mir, dort, bei den Desinteressierten, dürfte entspannte
Zurückhaltung vorherrschen statt lauter Selbstentblödung.
Aber vermutlich stoße ich mich im Kern an einem ganz
anderen Problemchen. Es geht mir grundsätzlich sehr gegen den Strich, wenn den Lauten,
den Wichtigen die Dinge sehr egal sind. Ich will nicht in diesen Surrogaten ertränkt
werden, von all dem Plunder zugeschüttet. Das ist der Punkt! Ansonsten muß es ja allen
freistehen, taub, blind und ahnungslos zu bleiben. |