19. Februar 2012

Auf der Suche nach einem Klaus Zeyringer-Zitat habe ich gerade einen alten Eintrag aus meinem damaligen "Lyrik-Orakel" entdeckt; was bedeutet, vor einigen Jahren neigte ich dazu, in Gedichtbänden von Gerhard Kofler eine beliebige Seite aufzuschlagen und das Ergebnis als Anstoß für den Tag zu nutzen:

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Diese Notiz stammt vom 21.11.2002. Die Notiz zu dieser Notiz wiederum vom 5.5.2006: [link] Mein Logbuch hat also unter anderem etwas von einem Koordinatensystem. Gedichte als Referenzpunkte in so einem Koordinatensystem, das ist sehr nach meinem Geschmack; auch wenn es für Außenstehende nicht prinzipiell offgenkundig wird.

Ich habe Kofler sehr geschätzt und die Begegnungen mit ihm stets genossen. (Er lebt leider nicht mehr.) Eine Poet und, wie mir schien, ein Mann von intellektueller Redlichkeit. Das sind Eigenschaften nach meinem Geschmack.

Nach einem Textstück von Zeyringer habe ich gesucht, weil er in einem Buch den Kunstbetrieb, speziell den Literaturbetrieb, als eine "Mischung aus Salon, Tafelrunde und Funktionärsbüro“ beschreibt. (Das Buch heißt "Ehrenrunden im Salon".) In dieser Suche habe ich ein anderes Zeyringer-Zitat gefunden, das zur Sache paßt:

>>Der Höflichkeitskonsens, der auf einem Feld, das seit dem 18. Jhdt. 'Kritik' als wesentliches Fundament behauptet, eben Kritik (= unbequem) erschwert.<< [Quelle]

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Das war mit einem Schnipsel aus meinem Notizblock belegt, wo Zeyringer etwas über das "Bewegtsein" angemerkt hatte. Nun komme ich langsam der eigentlichen Sache näher. Bewegtsein. Der steirische Kultur- und Kunstbetrieb erlebt seit geraumer Zeit erhöhte Bewegtheit. Das hat so seine Verzahnungen mit dem Sozialbereich. Es äußert sich in manchen Momenten auf den Straßen von Graz, sonst aber meist auf Websites, vorzugsweise im Web zwo.

Dabei zeigen sich auch gelegentlich sehr irritierende Seiten. In den jüngeren Verläufen kam das für mich zuerst bei der Facebook-Gruppe "Christina lebt" daher, die kürzlich noch über der Tausendermarke stand. Da habe ich recht gestaunt, für ein paar divergierende Ansichten zu einzelnen Punkten nicht in der Sache, sondern als Person angegriffen zu werden.

In einer anderen Facebook-Gruppe, der "Plattform 25", kann man das auch haben. Wäre weiters nicht der Rede wert, denn da sind fast 1.500 Leute zugange. Wenn also einige in ihrem Eintreten für "mehr Demokratie" solche Modi bevorzugen, könnten andere widersprechen, es wäre ein buntes Kräftespiel von kontrastreichen Ansichten denkbar.

So kommt's aber nicht. Daß manchmal gerade die Marktschreier der Demokratie offenbar Prinzipien der Demokratie als Bürde empfinden, erlebe ich eben in der Begegnung mit dem Filmemacher Heinz Trenczak: [link]

Im Augenblick ist noch ungeklärt, warum seine Botschaften im öffentlichen Forum der gut besuchten "Plattform 25" als demokratische Meinungsäußerungen gelten, während meine auf der bescheidenen Website von "kunst ost" etwas "Polizistisches" seien, das einen "elektronischen Pranger" konstituiert.

Ich habe meine Ansichten dann auf der Website von "Info Graz" noch detaillierter dargelegt: [link] Dazu hat Filmkritiker Reini Urban einen bemerkenswerten Kommentar verfaßt, der nun Ausgangspunkt für eine grundlegendere Erörterung sein könnte. Könnte!

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Urban würdigt mögliche Opponenten in einer Debatte, indem er den Erfahrungshintergrund nennt, vor dem er seine Überlegungen ausbreitet. Er sagt WAS er meint und WEN er meint, wo er offene Fragen oder Kritikpunkte anbringt.

So erscheint es mir möglich, den Status quo steirischer Kulturpolitik und den Zustand des steirischen Kulturbetriebs zu erörtern, um eventuell auf brauchbere Schlüsse und dann womöglich auf Handlungspläne zu kommen. Für diese Zwecke muß ich nie eine Person angreifen, sondern bestenfalls ihre Ideen, wenn mir das eben unausweichlich scheint.

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Trenczak hat jene Unterstellung mangelnder Redlichkeit und Integrität, die er "Diagonale"-Intendantin Barbara Pichler via "Plattform 25" zukommen ließ, auch auf der Facebook-Präsenz von "Spektral" deponiert. Urban verwies ihn dort auf meine Einwände, Trenczak erneuerte seine Botschaft, daß er sich nicht öffentlich zu erklären gedenke, obwohl die öffentliche Vorhaltung an Pichler aufrecht bleibt.

Gut, es muß einem Kulturschaffendene frei stehen, eine Jury- oder Intendanzentscheidung per "Volksaufruf" übersteuern und so sein Werk promoten zu wollen. Ob das dem Werk und auch dem Filmgeschehen ganz allgemein nützt, ist zu bezweifeln.

Immerhin läge darin ein sehr greifbarer Anlaßfall, um den Satus quo des steirischen Kulturbetriebes zu debattieren. Dazu muß man aber seine Gründe nennen, sonbst bleibst es nur Geschwätz.

Offener Diskurs in der Öffentlichkeit einer offenen Gesellschaft, das wäre vielleicht eine passable Idealvorstellung. Auf die eben beschriebene Art a la Trenczak wird es vermutlich nicht gehen. Ich bin neugierig, welche praktischen Vorschläge der Chronist einer frischen Demokratiebewegung (Trenczak/Plattform25) in dieser Sache noch zu machen hat.

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