14. März 2011 Die Ereignisse und Erfahrungen der letzten Wochen besagen: Die
Gelegenheit zu großen Emotionen findet viel Zuspruch. Es sei notiert: Ein Tsunami hat
Reaktorblöcke in japanischen Atomkraftwerken zum Krachen gebracht. Das scheint derart
bewegend zu sein, da kann die Branche getrost auf Fotos von Tsunami-Opfern verzichten. Von
rund zehntausend Toten weiß man bisher schon. Gibt es ein ethisches Revival in der Zunft
oder was ist geschehen?
Im Jänner 2005 hat es mich sehr gestört, daß leidende
Menschen und Tote auf Covers und in Inseraten vorgeführt werden, um uns mit dem Thema zu
erreichen. [4.1.2005] [5.1.2005] Diesmal würde ich
solche Fotos ja nicht lieber sehen, mir fällt bloß ihr weitgehendes Fehlen auf. Und ich
hab im Augenblick noch keine Erklärung dafür. (Überraschungen in Massenmedien halte ich
stets für beachtenswert.)
Das Thema Atom-Strom ist eines, in dem die
Auseinandersetzung zwischen profitorientierten Companies, einer durch Lobbyisten
geprägten Politik und der Zivilgesellschaft sich in einem merkwürdigen Kräftespiel
ereignet.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Wohlstand, den wir
genießen, in wesentlichen Bereichen auf einem räuberischen System beruht. Daraus ergeben
sich Vorteile, die wir keineswegs allen Menschen zugestehen.
Deshalb gefällt mir die anschwellende
Betroffenheitsgymnastik, wie sie sich gerade am Thema Japan entzündet, wenig. Ich möchte
lieber sehen, daß sich Kritikfähigkeit und Handlungswillen hier vor Ort einlösen; von
all dem initiiert, das uns real umgibt. Und zwar nicht anlaßbezogen, sondern rund ums
Jahr. Ich hätte dazu gerne Hinweise in Händen, daß wir angemessene Handlungsformen
entwickeln, finden, welche uns zu einem Wissen um Weltgeschehen in plausible Beziehung
setzen.
Die "Mausklick-Demokratie" äußert sich ja zur
Zeit in einem rasenden versenden von Links zu warnenden Texten und Berichten sowie im
Anstecken virtueller Anti-AKW-Buttons und einem elektronischen Trauerchor. Ich habe den
schweren Verdacht, daß ein großer Anteil dessen bestenfalls als
"Ersatzhandlung" gedeutet werden kann, die ein reales Hinausgehen, um politisch
zu handeln, substituiert. Kurz: Ich traue massenmedial gepflegten Erregungen nicht.
Cut!
Franz Lukas (links) und Andreas Turk im Wohnzimmer von
Richard Mayr. Die Durchsicht von Blättern, die Debatte von Schwerpunkten, Optionen... wir
sind auf dem Weg zum "April-Festival" und ich ahne schon, die Eröffnung wird nun
viel schneller da sein, als mir lieb ist.
Ich erlebe recht vergnügt, daß sich die kleinen
Formationen, auf die wir es angelegt hatten, zu bewähren beginnen. Das meint,
unterschiedlichen Kreise arbeiten weitgehend autonom an ihren lokalen Vorhaben, die wir zu
einem größeren Ganzen verknüpfen. (Siehe dazu auch: "umbrüche"!)
Ich habe mich dieser Tage daran erinnert, daß sich im
Herbst 2009 einige Funktionäre der Region bemüht haben, "kunst ost"
abzuschaffen. In einem "Kampfpapier" vom 28.10.2009, das ironischerweise mit "Kultur-Ost"
betitelt war, heißt es explizit:
>>Die
Verantwortung und der Umgang mit Fördermitteln sollen in den Händen der Gemeinden und
der Region liegen, denn die Gemeinden tragen auch die Verantwortung für die
Künstlerinnen und Künstler unserer Region. Aus dieser Sicht könnte man mit den
angestrebten Fördermitteln ein Vielfaches dessen schaffen, was in dem "Projekt
Krusche" angedacht ist. Große Summen für Verwaltung, Abrechnung oder Organisation
könnten durch die Mitwirkung der Gemeinden eingespart werden.<<
Die Autoren dieses Textes sind bis heute jeden Beleg
schuldig geblieben, daß sie für Kulturschaffende der Region auch nur annähernd leisten
würden, was sie damals behauptet haben. Es gibt vorerst keine Hinweise für eine
Kulturpolitik, welche auf die gesamte "Energie-Region" angewandt
würde; auch als ein kontinuierliches Angebot an die Kulturschaffenden, zu deren Anwalt
man sich in der Sache gemacht hatte. (Siehe dazu auch: "politik macht
kultur"!) |