11. August 2010Würden wir so etwas daherreden, wäre es bloß eine Banalität. Im
Kosovo hat es andere Färbung und einen üblen Beigeschmack: "The war destroyed
everything." Dabei hatten die Leute vorher schon so wenig gehabt. Im Jugoslawien
vor dem Krieg hatte das Einkommen von Kosovaren statistisch gesehen im Vergleich zu jenem
der Slowenen ein Verhältnis von etwa 1:8. So sah es 1990 auch mit dem
Bruttoinlandsprodukt pro Kopf aus. (Stichwort Nord-Süd-Gefälle!)
In den Gesprächen hörte ich wiederkehrend, die
Leute seien hier durch den Krieg alle ärmer geworden; von einer kleinen Elite abgesehen.
Die Häuser kaputt, die Maschinen weg, die Landwirtschaft des Kosovo nicht annähernd auf
dem Stand von vor dem Krieg.
Es fehlen die Mittel, um Dinge voranzubringen. Und es sind
viele notwendige Kompetenzen verloren gegangen. Im ländlichen Bereich hörte ich die
Klage, daß von der Regierung zu wenig getan werde. Man habe das Straßennetz ausgebaut,
statt zuerst in die Landwirtschaft zu investieren, damit die Betriebe auf besseren Stand
kämen, was schließlich ja auch Steueraufkommen bedeuten würde.
"Es wird weniger produziert, als wir brauchen
würden." Die Milch aus dem Ausland sei so billig, da würden heimische Bauern nicht
mithalten können. Obst und Gemüse werde aus Albanien und Mazedonien importiert. Auch
Fleisch. Ebenso aus Serbien. Vieles komme illegal über die Grenzen. Serben und Albaner
würden beim Fleischschmuggel zusammenarbeiten. Erst kürzlich seien 80 Tonnen altes
Fleisch aus dubiosen Quellen beschlagnahmt worden.
[southern confidence]
Was geschieht mit Regionen, wenn sie den Zentren gegenüber
massiv abfallen? In Österreichs Innenpolitik kursieren gerade wieder Flugblätter und
Plakate, die uns "faule Südländer" vorführen, welche angeblich unser Geld
verprassen. (Siehe dazu den Eintrag vom 18. Juni 2010!)
Feindbilder als Propoganda-Gegenstände. Dieser menschenverachtende Trend hat Historie.
Und wie kommt das?
Im Juni wurde berichtet, daß die Zahl der Millionäre in
Österreich "trotz Krise" zugenommen habe: [link]
Gestern war in "Der Standard"
zu lesen, daß unsere Banken "Nettomittelzuflüsse" verzeichnen konnten, die
erheblich über dem europäischen Durchschnitt liegen.
Zählt man hinzu, daß die Korruption in Österreich
zunimmt und viele reiche Leute zur Steuerhinterziehung neigen, wo ihnen nicht ohnehin von
unserer Regierung Steuererleichterungen geboten werden, wie ich sie keinesfalls genießen
darf, ergibt sich eigentlich eine Menge Klärungsbedarf, um Unruhe im Land zu vermeiden.
Bevor wir aber über Verteilungsgerechtigkeit reden, um
Unruhe zu vermeiden, reden wir lieber über "Sozialschmarotzer", "faule
Südländer", "Asylmißbrauch" etc.
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