7. Juni 2010 Es sind die
Elemente eines Tanzbodens. Aus zweien der mächtigen Holzpaneele haben wir eine
"Gasse" für die Frauenportraits von Jelena Juresa gebaut. Ich hab große Freude an
diesen Entwicklungen. Wir sammeln weitere Erfahrungen, wie Werkschauen konzipiert sein und
Schauplätze gestaltet werden müssen, damit an Orten, die ursprünglich nicht der
Kunstvermittlung gewidmet sind, relevante Kunstereignisse möglich werden.
In der Halle herrscht ein moderates Klima, vor dem Tor
brütete Sommerhitze, an die wir noch nicht gewöhnt sind. Vermutlich ein wesentlicher
Grund, daß ich mir zum Abend hin einen Berg gemischter Fruchteis-Sorten gewünscht hab.
Dafür gibt es in Gleisdorf nur eine Adresse, die in Frage kommt. Bei
"Wurm" saß ich dann überdies auf der Terrasse so günstig, daß ich am Fuße
der Treppe eine mächtige Heckflosse vorbeiziehen sah.
Da an der nahen Kreuzung eine Stopptafel steht, durfte ich
rechnen, daß die Flosse nicht gleich um die Ecke verschwindet. Also ließ ich mein
Fruchteis-Gebirge stehen, eilte die Treppe hinunter, während ich die Kamera startklar
machte.
Das Maul läßt den Chrysler unverkennbar dastehen, die
Heckpartie verweist auf Designer Virgil Exner. Das hieß damals "Forward
Look". 1957, also kurz nachdem ich auf die Welt gekommen bin, war der
zuversichtliche Block nach vorne so eine Art gepfeilter Barock. (Siehe dazu auch
den Newport Station Wagon,
den ich nahe Ilz erwischt habe!)
Von links: Kuratorin Mirjana
Peitler-Selakov, Künstlerin Jelena Juresa
mit Mann Goran und Sohn David.
Das Bespielen unüblicher Orte kann sich nicht darin
erschöpfen, ab und zu ein, zwei Bilder in ein Schaufenster zu quetschen. Ich habe nun
begonnen, jenes Feld sichtbar zu machen, das primär in Gleisdorf meine
"Strecke" und "Bühne" ist; und zwar schon längerfristig. Denn die
Kontinuität ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Faktor, daß dabei etwas
Interessantes herauskommt. Und da rede ich von Jahren: [link]
[Frauenmonat]
Cut!
Ich hab gestern
notiert: Kunst und Ewigkeit, das ist also keine sehr relevante Kombination ... soweit es
die Ambitionen einzelner Persönlichkeiten betrifft. Es gibt davon freilich auch
gefällige Taschenausgaben" solcher Zustände. Es vergeht niemals viel mehr als
ein Jahr, da rennt mir in meinem Projektumfeld wieder ein Neuling über den Weg, prall von
Emotionen und Begehrlichkeiten, eine Person, die sich reckt und streckt, um einen
möglichst langen Schatten zu werfen, denn möglichst in wenigen Monaten soll dieser
Anschein entstehen, daß sich hier ein Gottesgeschenk des Kunstgeschehens, auf leichten
Sohlen tänzelnd, der Welt mitteilt.
Seht her, hier bin ich und ich bin wer, das
soll klar sein! Es ist ein spaßiger Nimbus um die Kunst, daß es manchen Leuten so
pressiert, diesem Feld zugerechnet zu werden. Das äußert sich in vielfacher
Schusseligkeit.
Würden Sie etwa ihrerseits Malkurse anbieten,
andere Leute unterrichten wollen, obwohl sie selbst noch so wenig gelernt haben, daß
ihnen von zehn Portraits immer bestenfalls ein bis zwei gelingen? Das sind so irritierende
Eiligkeiten.
Ich ahne natürlich, das geht nur dort, wo keine
Einwände erklingen. Wenn Stümperei in stillem Konsens zum Gruppensport werden würde,
wenn alles egal wäre, außer das gemeinsame Abspulen quasi höfischer Rituale, dann wäre
das vermutlich ganz in Ordnung; als ein soziales Ereignis. Mit Kunst hätte es dagegen
weiterhin nichts zu tun.
Aber was ist denn Kunst? Das Höre ich stets
wieder fragen. Als man mich nicht gefragt hat, wußte ich es noch ganz genau. Das
ist freilich bloß die Paraphrase eines Zitates. Also weg mit den Gedanken daran! Es lohnt
nicht. Quatsch! Natürlich soll das laufend erörtert werden! Es muß ja keine mönchische
Position als einzig mögliche vertreten werden. Aber wenn Kunst all zu sehr "Kunst
um zu" sein muß, wenn sie also übermäßig anderen als den eigenen Zwecken
dienen soll, kommt eben übermäßig Schmarren heraus.
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