6. Dezember 2009 Den
kleinen Ort kannte ich, den kleinen Hauptplatz, ein Rudiment mit Brunnen und
Weihnachtsbaum, nahm ich als Bezugspunkt. Bank, Bäckerei, Kirche, die drei Burschen
geisterten da irgendwo etwas derangiert durch die Gegend.
Daß Gabe die Unterhose über den Jeans trug,
war mir ein weiterer Hinweis, daß dieses Trio etwas die Orientierung verloren hatte. Mit dem Restalkohol der Herzchen hätte ich die halbe Strecke nach
Hause das Auto antreiben können.
Da die Tage inzwischen recht kalt geworden waren, fragte
ich Gabe unterwegs, ob er ein Survival-Training absolviere oder ob er sein Jacke verkauft
habe. Das löste eine kleine Serie von nervösen Telefonaten aus.
Mir war wesentlich lieber, Gabe sitz neben mir und fragt: "Wo
ist meine Jacke?", als seine Jacke sitzt neben mir und fragt: "Wo ist
Gabe?"
Im Englischen heißt es "Boys will be boys"
und ich bin irgendwie beruhigt, daß sich etwas Vertrautes ereignet. |
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Dieses Ausloten verschiedener Optionen bis
zu so mancher Erschöpfung, über das völlig entgleiste oder längst zutiefst korrupte
Erwachsene so gerne Behauptungen ausstreuen. "Die heutige Jugend!" Dieses
polemische Geblöke habe ich selbst als Youngster genau so gehört und es waren die selben
erbärmlichen Motive dahinter.
Zwei andere Themen geistern mir durch den Kopf. Wie sich
Leute auf den Mount Everest schleppen, um dort zu sterben oder mindestens mit schwarzem,
erfrorenem Fleisch am Leib zurückzukommen. (Vor Jahren hatte ich ein "GEO" mit
einem furchterregenden Bericht von Jon Krakauer entdeckt.)
Und Norbert Mappes-Niediek, den ich kürzlich kennengelernt
habe [link], der in einem seiner Bücher
sinngemäß geschrieben hat, dieses EU-Europa sei viel zu arrogant, um zu bemerken, wie
"jugoslawisch" seine Probleme sind.
Die Arroganz als Barriere vor adäquaten Problemlösungen.
Keine seltene Angelegenheit. Wie schwach unsere Kultur gerüstet ist, Krisen zu meistern.
Handlungskonzepte entlang von Hierarchien. Von außen höre ich gelegentlich, die Menschen
in Österreich machten den Eindruck, sehr auf Obrigkeiten fixiert zu sein. Ich kann nicht
widersprechen.
Ich habe vorgestern
die Blödheit angerissen, den Bau von Minaretten verbieten zu lassen. Es gibt ja keinen
religiös zwingenden Grund, Moscheen mit Minaretten auszustatten. Außerdem schränken
selbst islamische Länder längst die Arbeit vom Muezzinen ein. Sich an diesen paar
Symbolen abzuarbeiten demonstriert also deutlich, wie sehr eine schnatternde Herde da den
Helden des Boulevards folgt.
Es wäre ja eigentlich viel angemessener, wenn sich dieser
Westen den selbstgewählten Regeln stellte und zeigen würde, wie etwa mit dem Grundsatz
der Religionsfreiheit umzugehen wäre. Es wäre auch angemessener, in einer mutigen
kulturellen Praxis auszuloten, wie wir mit den vier Prozent (!) Muslimen im Land leben
möchten, was wir an ihnen schätzen könnten, was der Kontrast und "Das Fremde"
uns bedeutet.
Mir wird schlecht von den Heuchlern, die sich um
muslimische Frauen sorgen, während gute bis schlechte Christen ihre Ex-Frauen umhacken,
wenn sie sich von ihnen verlassen und ihrer Souveränität beraubt fühlen. Was
katholische Männer an Gewalt gegen Frauen und Kinder zuwege bringen, nimmt uns jede
Legitimation, Muslime belehren zu wollen.
Aber wir könnten uns vermutlich sehr gut mit einander
darüber unterhalten, welche Auswege aus solchen Zuständen zu suchen und wie sie zu gehen
wären.
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