15. November 2009

Ich hatte im Eintrag vom 9. November 2009 notiert: "Auf dem Feld des Nationalismus regieren die Priester der Komplexitätsreduktion. Ihre Kirche ist dem stets neuen Entwerfen einer Variante von 'Herrenmenschen-Konzepten' gewidmet."

Was ist damit gemeint? Es gerieren sich bei uns Leute als wohlverdiente Wohlstandskinder, deren Wohlbefinden dem eigenen Fleiß, dem eigenen Wohlverhalten zugeschrieben wird. Der Wohlstand sei dem eigenen Fleiß und dem eigenen Sosein zu danken, wobei der Umkehrschluß sehr populär ist: Wem es in diesem guten Land NICHT gute gehe, der könne zwangsläufig kein Guter sein. (Das sei doch bloß eine Frage von Fleiß und Anstand.)

Dabei müssen "Fremde" als Bedrohung dienen und die Phantasie vom hermetischen Abschließen der angeblich völlig offenen Grenzen läuft auf das Bild hinaus, aus Österreich eine Art geschlossene Anstalt für Brave zu machen.

Bei diesen dummen Konzepten fehlt mindestens die Rücksicht auf unsere Zeitgeschichte, die Österreich im 20. Jahrhundert einen merkwürdigen Werdegang attestiert. 1914 die eigene Blüte durch die Aggression im Ersten Weltkrieg zerstört. Fast ungebrochen, irgendwie durchgängig, mit den gleichen Aggressionen und ideologischen Blödheiten in die 1930er-Jahre hinein und noch einmal alles zerstört und verbrannt, was an der eigenen Kultur und ihren Menschen der Nation eine ökonomische und kulturelle Basis gab. log1497b.jpg (15165 Byte)

Die Betonung, daß ja unseren Leuten der Krieg erklärt worden sei, muß bis heute die eigenen Fehler bemänteln. So in einem Leserbrief vom 4.11.2009 im im "Süd-Ost Journal", wo ein Dkfm. Adolf Weinberger Geschichtsstunde hält.

Wäre noch zu ergänzen, das Österreich heute im europäischen Spitzenfeld liegt, was a) Firmenpleiten und b) Korruption angeht. Nehmen wir noch c) Steuerhinterziehung hinzu. (War nicht eben erst ein vormals vaterländischer Politiker in den Headlines, weil er "vergessen" hatte, für rund zehn Millionen Euro eines fragwürdigen Beraterhonorars Steuern abzuliefern?) Details zu diesen Machenschaften hier: [link]

Wir haben viel zu verbergen, um nicht zu erklären müssen, woher ein Großteil jenes Reichtums Österreichs kommt, der TROTZ all der historischen und gegenwärtigen Auffälligkeiten herrscht.

Das ideologische Konzept von den "Herrenmenschen" hat genau EIN wesentliches Basis-Motiv: Es soll die Beraubung und Unterwerfung anderer Menschen legitimieren. Das hat ein "westliches" Europa über Jahrhunderte geübt, um sich im "Kolonialismus" möglichst die ganze Welt nutzbar zu machen.

Das war ein zentrales Motiv, um die "Modernisierungskrisen" im Umbruch vom 19. auf das 20. Jahrhundert zu bewältigen. Die ganze Nazi-Ära handelt im Kern von dieser räuberischen Ideologie. Und siehe da! Die neuerlichen Krisen im Umbruch vom 20. auf das 21. Jahrhundert geben diesen ideologischen Optionen auch ein neues Gewand.

Auffallend: Schon wieder sind es slawische und "muslimische" Leute, vormals "Untermenschen", und "die Juden" sowieso, welche angeblich unser Wohlergehen bedrohen, deren angebliches Bedrohungspotenzial es plötzlich zu empfehlen scheint, Menschen- und Bürgerrechte auszusetzen. Das ist "Herrenmenschen"-Art ...

[Wir Kinder des Kalten Krieges]


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