9. November 2009

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Würden Sie von diesem Herren ein Auto kaufen? Er ist ja eigentlich von der Sorte, die einem das Auto wegnehmen. Gelegentlich. An seiner Hüfte hängt eine große Dienstwaffe. Die Mundwinkel verraten schlechte Laune. Der Cop ist aus Kunststoff, da droht also nichts.

Ob sich jemand so ein Teil ins Wohnzimmer stellt? Ich hab gestern das "Kuratorium für triviale Mythen" erwähnt. Dem liegt eine simple Annahme zugrunde. Der Verlauf vom Mythos zum Fetisch zeichnet den Weg zu Artefakten, die wir suchen und sammeln. Ich stelle mir vor, das sei auch eine der Vorbedingungen für die Kunst. Diese Erfahrung der Mythenbildung und Fetischproduktion.

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Hier Geschäftsmann Richard Mayr beim Aufziehen des Uhrwerks einer jener Kugeln, zu der es auch Schächtelchen, Schatullen, allerhand kleine Wunderwerke gibt, die eine Melodie spielen und winzige, bewegte Szenen zeigen, wenn man sie öffnet.

Was mag den Reiz so kleiner Mechaniken ausmachen, wo heute jedes Mobiltelefon ein Tausendfaches an Liedern abspielen und Simulationen zeigen kann? Es stecken andere Geschichten im Ding selbst.

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Also vom Mythos zum Fetisch und schließlich zur Kunst. Ich habe solche Fragen gestern auch mit Kunsthistorikerin Mirjana Selakov erörtert. In einer kleinen türkischen Bude, wo sich der Mann hinter den Tresen über meine Entscheidung für "Efes"-Bier wunderte. (Auf einem riesigen Flachbildschirm ein heftiges Fußballspiel.)

Es ist die "Klassische Moderne", an der ich immer wieder hänge. Was für eine Zeit! "Da sind so viele Kategorien festgelegt worden", meint Selakov, deshalb sei diese Ära derart bewegt und bewegend.

Ich hab davon eine etwas polemischere Auffassung. In dieser Ära haben Kunstschaffende fruchtbar und sinnvoll bearbeitet und ausgedrückt, was andere Deutungseliten bloß in einem Krieg auflösen konnten. (Wenn man etwa über die Futuristen mit ihrer Kriegsvernarrtheit in diesem Punkt höflich hinwegsieht.)

In der Deutung und Bearbeitung der unfaßbaren Umbrüche dieser Zeit, das Feudalsystem bekam seinen Rest, die großen Dynastien in Europas Herrschaftsgefüge mußten abtreten, erst die Osmanen, dann die Romanows, schließlich Habsburger und Hohenzollern, ein Ensemble von Massengesellschaften machte sich auf den Weg, um auszuloten, was "Republik" und "Demokratie" meinen könnte, während die Industrielle Revolution mittlerweile voll gegriffen hatte, wodurch wahrlich kein Stein auf dem anderen blieb, in diesem Umbruch vorher nie gekannten Ausmaßes kamen zwei Konzepte zum Zug:
a) Die Klassische Moderne der Kunst und
b) hinein in den Ersten Weltkrieg, heraus in Srebrenica.

Darum ist es so kompliziert. Auf dem Feld der Kunst gilt immer noch diese manchmal einschüchternde Stimmenvielfalt und Vielfalt der neben einander bestehenden Stile. (Wir Kunstschaffende sind überwiegend auf der Seite der Komplexität.)

Auf dem Feld des Nationalismus regieren die Priester der Komplexitätsreduktion. Ihre Kirche ist dem stets neuen Entwerfen einer Variante von "Herrenmenschen-Konzepten" gewidmet.

Diese Prozesse gründen sich ganz wesentlich auf Medienanwendung. Das war schon in den Jahren des historischen Faschismus erprobt worden. NCC09_100.jpg (1968 Byte)

Zeitungen und Radio als zentrale Instrumente solcher Prozesse. Das sind Zusammenhänge, die deutlich machen sollen, warum ich in einem langfristigen Kunstprojekt das Thema "Medienkompetenz" fix verankere, was sich heuer in einem Beitrag für die "ncc09" ausdrückt: [link]


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