23. September 2009 Es wird
rundum viel auf einen milden Herbst gehofft. Ich bin darin keine Ausnahme. Gestern war,
denke ich, der formelle Auftakt dazu. Die Milde hält sich, was auch meinen Obsessionen
nützt. Es sind nach wie vor feine Maschinchen unterwegs.
Wer schlampig hinsieht, würde vielleicht einen VW Golf
vermuten. Doch die dicken Backen gehören einem Lancia Delta HF integrale. Den sieht man
mit Sicherheit nicht alle Tage. Auf dieser Basis wurde einst Rallye-Geschichte
geschrieben. (Der 1974 erstmals erschienene Golf war freilich in einer Art stilprägend,
da ließen sich viele Geschichten erzählen.)
Cut!
Wo sind jetzt die Schreihälse, die wochenlang gemeint
hätten, es sei eine Hetzkampagne gegen die österreichische Polizei im Gange? Und wo sind
die Belege für diese Behauptungen? (Keine da!)
Ich vermisse zu den "Schüssen von Krems" (Siehe
den Eintrag vom 8. August!" im
Augenblick noch die mindeste Klarheit, unter welchen Umständen das Kind erschossen wurde.
Und ich vermisse eine Debatte darüber, daß in den darauf folgenden Wochen ein so
großzügiger Verzicht auf Bürgerrechte hin- und hergeschrieben wurde.
Es wird leider auch schon sehr salonfähig, sich
schnodderig über Tote zu äußern, die ihren Tod in Obhut der Staatsgewalt erfahren
haben. (Siehe dazu den gestrigen Eintrag!) Das
Fatale an solchen Entwicklungen: Es schafft Umstände, die langsam als
"Normalität" angenommen werden. Die Menschenrechte, deren Verzicht wir anderen
aufbürden, können beizeiten uns allen schmerzlich fehlen.
Das ganze zwanzigste Jahrhundert belegt: Die Verrohung
einer Gesellschaft wurde stets auch von Journalisten und Dichtern herbeigeschrieben.
Cut!
Buben. Kinder. Wenn das mit dem Erwachsenwerden losgeht. Da
wurde schon allerhand geplaudert, was denn wohl in einer wohlhabenden Massengesellschaft
die Entsprechungen von Initiationsritualen wären.
Polemisch verkürzt: Symbolischer Tod, Abstieg in die
Unterwelt, Rückkehr zur Erde, symbolische Wiedergeburt als Erwachsener. Das hat in
diversen kulturellen Praktiken auch mit Belastungen, Entbehrungen und dem Umgang mit
Schmerz zu tun.
Späte Echos solcher Prozesse ... Kürzlich erreicht mich
um 23:05 Uhr von meinem Sohn eine kleine SMS: "fertig tätowiert :D"
... Was? Wie? Es ist zum Stechen sicher eine eher sensible Körperstelle. Das Motiv? Eine
offene Wunde. Tja! Das gibt für psychologisch tickende Eltern schon einiges zu Grübeln.
Im Kern steht freilich, worüber wir schon gesprochen
haben, denn mein Leben ist von einschlägigen Markierungen durchzogen: Es gibt nur einen
Weg, zu einem angemessenen Verhältnis mit Schmerzen zu finden, nämlich praktische
Erfahrung.
Man muß den Schmerz nicht mögen, schon gar nicht lieben,
aber es nützt, wenn man ein klares individuelles Verhältnis dazu entwickelt.
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