3. September 2009 Es
regnete mehrmals am Tage, manchmal blies mich der Wind fast um, dazwischen eine milde bis
kraftvolle Sonne. Die Menschen machen sich dort nicht viel aus diesen Verläufen. Bei
Nieseln gehen Leute selbst im T-Shirt weiter als wäre nichts. Nur die Wenigeren schleppen
sich mit Schirmen ab.
Aus der Beobachtung übernahm ich die Art, mich bei
heftigstem Regenguß kurz wo unterzustellen, weil das ohnehin nie lange dauerte. Der
schwächere Regen durfte ignoriert werden, richtete nicht mehr aus, als der Frisur
eigenartige Zustände zu geben.
Bei so einem kurzen Unterstehen im heftigen Regen sah ich
diesen Spieß aufragen, dem ich kurz darauf nachging. Das führte mich zum War
Memorial bei der mächtigen Belfast Cathedral. In ihrer Nähe befindet sich
folgendes Motiv:
Das Statement ist ein Zitat aus der "Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte". Es lautet:
Artikel 27
- Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft
frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt
und dessen Errungenschaften teilzuhaben. [Quelle]
Na, das war dann noch was. Gestern. Als ich über diese "aristokratische" Attitüde
von manchen Kunstschaffenden räsoniert habe, die gerne unterstellen, Künstler zu sein
konstituiere einen "besonderen Status" innerhalb einer Gesellschaft.
Könnte noch erörtert werden, warum denn vor allem so
auffallend die heidnischen Urenkel der Gegenreformation sich nach einem Status verzehren,
der einer "Quasi-Priesterschaft" gleichkäme. Ich halte das für Sektiererei,
die von einem auffälligen Geraune begleitet wird, welches im Grunde vor allem eines
kaschieren soll: Unsere soziale Marginalisierung. Denn daß Kunstschaffende in Österreich
eine höchst ungünstige soziale Lage haben, ist evident. Die zuständige Ministerin hat
jene einschlägige Studie offenbar zum Altpapier entsorgt. (Siehe dazu next code: log #133!)
Warum sich darüber dann vor allem Kunstschaffende in die
Haare kriegen? Na, weil sich das sonst niemand anhören will. Wie sich manche Künstler
mangels Publikum die Kolleginnen als Publikum rekrutieren, so tun sie es auch mit dem
Räsonieren und mit ihren Klugheiten. So einfach ist das. Ich vermute allerdings, das ist
sehr "österreichisch".
Ich kann nicht beschwören, daß diese Einschätzung einer
gründlichen Prüfung standhalten würde. Aber nachdem ich in meinen Projekten seit Jahren
mehr mit "ausländischen" als mit österreichischen Kunstschaffenden zu tun
habe, sehe ich diesen harten Kontrast permanent.
Vielleicht sollten wir Herzchen, die wir unsere Mitmenschen
anflehen, daß sie uns verehren mögen, und zwar genau dafür, daß wir uns für klüger
halten als den Rest des Haufens, vielleicht sollten wir uns gelegentlich beraten lassen.
(Schuldnerberatung? Nicht doch!)
Ich fand es sehr amüsant, daß es eine Consulting-Firma
gibt, die "As It Is" heißt, also: "Wie es ist". Das
wäre eine einleuchtende Version von heidnischer Priesterschaft: "Wir erklären
Ihnen, wie es ist!"
Was tue ich also, wenn ich es nicht zum "König
des Feuilletons" schaffe oder wenigstens dazu, daß mich die werten Kolleginnen
und Kollegen für einen "Big Shot" halten? Ganz einfach: Ich trainiere
auf König des Trivialen. In meinem Fall bedeutet das: "Benzinschädel".
Unter den Benzinschädeln kenne ich diese Blödheiten
nicht, daß Einer den Anderen übertrumpfen möchte; diese lateinische Orthodoxie-Nummer,
deren Spin off eine Legion verbitterter Leute ergibt.
Die Benzinschädel erfreuen sich an dem, was ein Anderer
gerade besser weiß oder mehr in Händen hat, weil ja, wie romantisch!, all das nicht
weniger wird, wenn man es mit anderen teilt. Beispiel gefällig? Nach meiner Heimkehr aus
Belfast kam folgende Post von Historiker Matthias Marschik an:
Lieber Martin, es eilt nicht. Aber die beiden Exemplare
sollten der Öffentlichkeit als abschreckende Beispiele nicht vorenthalten werden. Liebe
Grüße Matthias<<
Insider wissen: Der prächtige Lancia Beta Montecarlo,
einst als Nachfolger des Fiat X1/9 konzipiert, hier in einem abgeblätterten Zustand, ist
immer noch ein Maschinchen, über das man stundenlang plaudern kann ...
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