13. August 2009 Ridley Scott hatte "Black Hawk Down" (2001) wie einen trivialen Western
realisiert. Die "Deltas" und "Marines" als Cowboys, einige davon in
den "Wagenburgen" verschanzt, also in und bei den abgestürzten Hubschraubern.
Die "Kavallerie" in Humvees daherhoppelnd, denn es fallen Massen von
"Indianern", schwarzen Rebellen in Mogadischu, über die festsitzenden
"Cowboys" her, um sie zu zerreißen.
Bei Scott sind die Schwarzen hauptsächlich da, um Welle
nach Welle anonym zu sterben. Ein "Bodycount" müßte bei diesem Film horrende
Zahlen geben, während von den Weißen praktisch jeder Tote persönlich vorgestellt wird.
Jene Schwarzen, die man im Film kurz näher kennen lernt, treten -- von einem Agenten der
Amerikaner abgesehen -- als klischeehafte, "finstere Bösewichter" auf.
Das ist also kein "Antikriegsfilm", sondern bloß
eine Testorsteron-Operette, in der das moderne Repertoire von Männerfetischen abgehandelt
wird: Mit mächtigen Autos (Humvees), auf denen schwere MG aufgepflanzt sind, durch die
Gegend brettern; noch potenter und erigierter eingeführt: Die wendigen Hubschrauber, mit
Schnellfeuerkanonen bestückt, deren Feuerkraft alles übersteigt, was man sich vorstellen
mag.
Scott, immerhin kein Rookie, verzichtete völlig auf eine
auch nur geringste Balance in der Darstellung der Motive und Zusammenhänge. Nebenbei
bemerkt: Ich habe mir von einem Profisoldaten mit Kampferfahrung erklären lassen, wie
unrealistisch der Film sei. (Siehe den Eintrag
vom 25.9.2009!)
Dieses Bild stammt aus "Battle For Haditha"
(2007) von Nick Broomfield. Der Fetisch zum Hineinkriechen. Gedopte Marines krachen mit
ihren Humvees und aufgepflanzten S-MG über eine Ebene dahin, während überlaut Metal
gespielt wird. Aber diese Geschichte im Irak entfaltet sich ganz anders. (Bei Scott war es
in einem vergleichenbaren Abschnitt noch Jimi Hendrix.)
Als ein Humvee während einer Patrouille von einer Bombe
weggeblasen wird, zwei Soldaten schwer verletzt, einer tot, entfesseln die Marines ein
Massaker unter Zivilisten. (Eine authentische Geschichte.)
Broomfield erlaubt sich weder eine einseitig gewichtete
Klischee-Klamotte, noch führt er die beiden "Parteien" -- hier Amerikaner, da
Iraki -- homogen und simpel aufgestellt vor. Die Kreise sind von sehr unterschiedlich
bevölkert.
Beim Zusehen erfährt man die verschiedenen Motive und
Zusammenhänge. Es gibt außerdem nicht einfach "Täter und Opfer", sondern
recht bald vor allem leidende Menschen, deren Geschichten plötzlich, wie in einer
griechischen Tragödie, durch ein sich rasend ausbreitendes Unglück mit einander
verbinden. Ein von Menschen gemachtes Unglück, dessen Verlauf im Film nachvollziehbar
bleibt. Niemand kommt heil davon. Alle verlieren.
Diese Deutung habe ich hier
kürzlich vorgenommen. Heute soll das vierzehnjährige Kind begraben werden, das
jüngst bei einem Polizeieinsatz erschossen wurde. Der Vorfall war Anlaß zu einem Sturm
von Polemiken. Ich vermisse noch immer deutliche Stimmen, die im öffentlichen Diskurs
einen angemessenen Zugang zu dieser von Menschen gemachten Katastrophe erlaubt.
Vor allem fehlen mir angemessene Stellungnahmen von
exponierten Leuten in Politik und Verwaltung, die im engeren und weiteren Sinn eine
Verantwortung für diese Vorfälle zu übernehmen haben. (Mit "Vorfälle", also
dem Plural, meine ich das Ereignis UND seine Konsequenzen.)
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