19. Juni 2009 Ich hatte
letzte Nacht meinen Sohn von einem entlegenen Ort zu holen. Der Weg dort hin führt durch
ein ausgedehntes Waldstück. Die Stelle zu passieren bedeutet unter anderem, in den Geruch
des Waldes einzutauchen.
Ich hab meine Kamera auf das Armaturenbrett gelegt und ...
erst heute, beim Schreiben für diese Seite, entdeckt, daß ich jenes Motiv schon
mitgebracht hatte. Denn es befindet sich eine "türkische Version" davon im Eintrag von gestern. Eine Szene aus dem Film "Auf
der anderen Seite" von Fatih Akin.
Dieser Film hatte mich noch in ein anderes Dejavu gezogen.
Es gibt eine Passage, worin eine bestimmte Straßenecke in der Millionenstadt Istanbul
gezeigt wird. Ein Mann klebt dort Plakate auf. Im Jahr VOR dem Erscheinen des Filmes war
ich mit Künstlern an eben dieser Ecke gewesen, um dort Plakate aufzukleben. (Siehe dazu
den Eintrag von
"next code: crossing"!)
Etwa einen halben Tag vor meiner Nachtfahrt waren mir im
Stadtzentrum etwa fünf Meter Yank Tank um die Ohren gefahren. Ein konkreter Anlaß,
abends über das demonstrative Verbrennen von Geld zu reden.
Denn davon handelt der Umgang mit solchen Cadillacs heute.
Ein "Fahrvergnügen" ist damit im eigentlichen Sinn nicht zu erzielen, weil
solche Autos eher das Fahrverhalten eines Müllcontainers haben, wenn man ihn eine
abschüssige Straße hinunterläßt. Es geht also in dieser Sache um ganz andere
Schwerpunkte. Einst war es dem Adel vorbehalten, Überfluß zu konsumieren und auf die Art
soziale Distanz auszudrücken. Dieser Effekt prägte auch noch die frühen Jahre des
Automobils.
Ein Towncar mit 16
Zylinder-Triebwerk, bei solchen Cadillacs saß nur die Herrschaft in der Kabine, der
Fahrer hingegen im Freien, deutlicher hätte man herrschaftlichen Kutschen als Vorläufer
solcher Autos nicht Referenz erweisen können, ein Towncar war also Ausdruck der
vbeliebigen Verfügbarkeit von enormem Mehrwert. In
den 1960ern fanden dann auch die Enkelkinder der Untertanen, Proleten und Kleinbürger,
Geschmack daran, über Automobile solche Posen einzunehmen. Die Karre scheint auf eine Art
zutiefst "demokratisch" zu sein. (Kleiner Scherz!) Launiges Beispiel: Worin
wird denn hier der von mir hoch verehrte B.B. King von Eric Clapton chauffiert? |
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Tja, "Riding With The
King" ereignet sich natürlich im Caddy. (Sehr schöner Titelsong!) Wie
verlockend, sich in solchen Schnurren zu verlieren, während nicht nur Müllcontainer
abschüssige Straßen runterrollen, sondern auch weite Teile unserer Politik. Beispiel!
Im "Kellerabteil" von Christian Voigt
eine kleine Illustration, wie aus der res publica ganz gerne eines res secret
gemacht wird. Ich finde es sehr interessant, wie laut unsere Innenministerin Maria Fekter
oft ist und wie leise sie dazwischen werden kann. Es ging um:
>>Allerdings, es soll um nicht weniger als die
Präsentation des Entwurfs des neuen Asyl- bzw. Fremdenrechtsgesetzes gehen. Die
Ministerin präsentiert so eine heikle Materie also kurzfristig, fast heimlich um 18:00
vor einem Feiertag?<<
Transparenz? Doch nicht bei diesem Thema, das uns so
nützlich ist, unsere Vorteile gegenüber anderen Ländern zu sichern:
>>Beim Eingang gibt es dann eine Überraschung. Der
Portier, kümmert sich diesmal nicht um die Presseausweise der JournalistInnen, sondern
vielmehr um die Namen. Er geht eine Liste durch. Wer nicht darauf steht, wird
zurückgewiesen.<< [Quelle]
Ich hab gestern meine Zeit freilich auch mit sehr viel
vergnüglicheren Angelegenheiten verbracht. Wie etwa mit dem Fluxus-Künstler Detlev
Hartmann.
Ich staune immer wieder neu, wie kompromißlos
ideologiefrei und jenseits von Diskursen Detlev der Welt gegenüber steht, nein!, sich in
der Welt befindet, stets allem auf der Spur, vermutlich ganz wesentlich sich selbst, aber
eben auf dem Umweg über die Welt, die ihm täglich in kleinen Stücken, Artefakten,
Fundsachen in die Hände fällt ...
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