14. Februar 2009
"Wie zwei Buben zu Weihnachten",
meinte Kustodin Sigrid Meister zu diesem Foto, das ihre Kollegin Gudrun Müller vorgestern
bei der Eröffnung der Gleisdorfer Spielzeugausstellung gemacht hat. Ich stecke dabei völlig amtlich in
meiner roten Abarth-Jacke.
Das sind also in der Tat keine sehr erwachsenen Zustände.
An meiner Seite Hannes Felgitsch; er ist der
Besitzer der großen Märklin-Autorennbahn im Hintergrund, einst, wenn ich an meine
Bubentage denke, unerreichbar, heute eine Rarität. (Das Thema Slotracer taucht übrigens
auch in den aktuellen Einträgen auf der Feedback-Leiste auf.)
Gestern konnte ich im Grazer
"Medienkunstlabor" eine logische Erweiterung des Themas näher betrachten. Niki Passath von der Abteilung Digitale Kunst der
Wiener "Angewandten" zeigte, was es mit Lego-Robotern so auf sich hat. Diese
Maschinen haben auf materieller Ebene die simple Funktionalität des vertrauten
Spielzeugs, sind aber zugleich programmierbare und darin durchaus leistungsfähige
Apparat-Systeme.
Passath befaßt sich in diesem Zusammenhang
nicht bloß mit Fragen der Kunst bei der Anwendung EDV-gestützter Mittel, es
beschäftigen ihn auch die Konsequenzen der Werkzeuganwendung, was meint: Wie wirken
Werkzeuge auf uns verändernd zurück, wenn wir sie verwenden?
Ästhetische Erfahrungen sind ja die der
WAHRNEHMUNG. Da mischen sich also Fragen der Kunst und der Werkzeuganwendung. Die Pose von
Passath auf diesem Foto handelt von einem sehr interessanten Aspekt seiner Arbeit. Er hat
nämlich eine Maschine gebaut, die ihm auf dem Arm eine Tätowierung verpaßte.
Ich meinte: "So ein Motiv kennen ich
bloß aus einem Roman von Kafka." Passath nickte, bestätigte die thematische
Querverbindung und erzählte mir von den erheblichen Widerständen, die er bezüglich
dieser Arbeit etwa bei Tätowierern erlebt hat.
Das handelt eben von Kontrasten,
Technologieschritten, Wahrnehmungsschwellen, vertrauten Positionen und neuen Irritationen.
Na, wenn das nicht Agenda auf dem Kunstfeld sind ... Ich hatte vorigen Sommer Gelegenheit,
einem Tätowierer zuzusehen, der die vermutlich ursprünglichste Form praktiziert. Er
schlägt mit dem Hölzchen in seiner Linken auf die in Farbe getauchte Nadel und bringt so
das Motiv in die Haut.
Nichts weist darauf hin, daß ein
Maschinensystem den Menschen so komplexe und dem individuellen Körper gerecht werdende
Tätowierungen schaffen könnte. Heute wird gewöhnlich mit elektrischen Apparaten
tätowiert, wie Herbert
Hoffmann hier einen verwendet. (Der Mann hat in der Szene übrigens Legenden-Status.)
Passath interessiert an diesem ganzen
Themenfeld auch der Aspekt der Bindung von Menschen an Maschinen, die unter anderem über
Schmerz entsteht. Das verweist abermals auf Kafka. Fußnote:
Seit einiger Zeit führe ich am Fußende
dieser Logbuch-Seiten Notizen an, die aus Notizheften stammen, welche ich inzwischen
weggeworfen habe. Denn meine Notizhefte sind nicht gedacht, um der Ewigkeit wichtige
Gedanken zu erhalten. Sie sind dieses Ursprünglichere, ein temporäres Depot für
flüchtiges Gut bis zum nächsten Schritt seiner Verwertung.
So gesehen verbleiben vor dem Wegwerfen der
Hefte kleine Restbestände, die mir gefallen. Oft ganz speziell darin, daß sie eben aus
allen Zusammenhängen gerissen sind und so ganz andere Bedeutungskonturen bekommen.
Dabei fand ich heute ein Blatt, das in der
Folge auch weggeworfen wurde. Es hat einen Auftakt in folgenden zwei Zeilen:
Die Haut ist Barriere
Der Schmerz ist Barriere
Nach der Markierung "März 98"
folgt "Hartmut träumt:", was ich heute nicht mehr genau zuordnen kann.
Es dürfte sich auf den Künstler Hartmut Skerbisch beziehen, der einzige Hartmut, den ich
kenne:
März
1998Kafka
sitzt auf den letzten Metern Bodens dieser Erde. Dort gibt es nur noch seine, Kafkas
Wörter. In diesen Worten hat er beschrieben, was ihm geschehen ist. Es braucht nicht mehr
gedeutet zu werden. Es braucht nicht mehr neu formuliert zu werden. Kafka hat Hartmut
arbeitslos gemacht. Den Schmerz transzendieren und verlöschen lassen. So enden wir alle.
Keine Abkürzung. Keine Umwege. Niemand weiß, wo die Kunst ist. Nur die Kunstwerke
bleiben erreichbar. Kafka ist der Bote. Jeder Bote verstellt die Sicht auf seine
Nachricht. Ich will nicht den Boten lesen, sondern die Nachricht. Die Nachricht ist in
mir.
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