7. Jänner 2009 Ich habe
hier nun über eine Reihe von Spielfilmen erzählt, die mich begleiten. Das Cineastische
findet ein Echo in verschiedenen zeitgenössischen Kunstrichtungen, in denen heute
teilweise eine Art Kolportage-Stil gepflegt wird.
Dadurch wird andrerseits ein Querverweis auf
Dokumentarfilme gegeben, die bei uns in der jüngeren Vergangenheit an Bedeutung gewonnen
haben. Ich bin selbst von diesen Entwicklungen stark beeinflußt, was sich in einer Reihe
von Arbeiten niederschlägt, die ich unter dem Schlagwort "official bootleg" in
Stationen von "next code"
einbringe.
Zum Festival "steirischer herbst" haben wir im
vorigen Jahr mit "next
code: exit" einen Schwerpunkt auf serbische Beiträge gesetzt, die sich teils
kritisch mit der Rolle serbischer Leute im Sezessionskrieg Jugoslawiens befassen. (Wie
jenes Video von Nenad Glisic, aus dem der oben gezeigte Ausschnitt stammt.)
Es war vor allem dieser Krieg, bei dem sich der
Journalismus (West-) Europas über weite Strecken selbst diskreditiert hat. Ich halte das
für einen der Gründe, warum es naheliegend wurde, daß Kunstschaffende sich Mittel
dieses Feldes aneignen und ihre Aktivitäten auf dieses Feld ausweiten.
Amerika hat in der Ära Bush diese Diskreditierung der
Profession durch die Einführung des "embedded
journalism" erweitert. Ich will das keineswegs verallgemeinern. Vermutlich
besteht der Kontrast zwischen willfährigen und engagierten Journalisten, seit es das
Metier gibt.
Um noch bei Serbien zu bleiben: Mir fehlen bis heute
ausreichende Auseinandersetzungen darüber, warum etwa die Nato anläßlich der Eskalation
im Kosovo ohne Mandat und, wie es heute scheint, ohne ausreichende Rechtfertigung
bombardiert hat, während auf Srebrenica vorrückende serbische Verbände genau nicht
bombardiert wurden, obwohl es seitens westlicher Offiziere energische Anforderungen dazu
gegeben hat.
Robert Fisk schrieb schon 2001: "Our shame over
Srebrenica". [Quelle] Aber wo wird dieses Thema noch behandelt? Fisk meinte damals
unter anderem:
>>The West's humiliation at Srebrenica --
specifically that of the Dutch UN battalion that allowed the Serb victors to separate the
Muslim women and children from the men who were to be murdered, but also the UN and now
Nato's pusillanimous commanders -- was still not fully recognised.<<
Es scheint sehr schwierig zu sein, einem seriösen
Journalismus ausreichend breites Interesse zu verschaffen, um zum Boulevard und zu
realitätsfremden Spielfilmwelten ein ausreichendes Gegengewicht zu schaffen.
Ich hab hier im vergangenen September [link] die Ansichten eines Professionals
notiert. Oberst Hans Thomaschitz war der erste KFOR-Kommandant im Kosovo, trainiert
momentan Soldaten für den Einsatz im Taschad. Er skizzierte mir den enormen Unterschied
zwischen Kriegsfilmen und der Realität.
Man bekommt von solchen Zusammenhängen aber auch einen
passablen Eindruck, wenn man unsere Bilder aus Actionfilmen mit der Realität vergleicht.
Zu den markantesten Personen der Gegenwart gehört in diesem Zusammenhang der serbische
General Ratko Mladic. Er wird nach wie vor gesucht, weil ihm wegen Kriegsverbrechen der
Prozeß gemacht werden soll. Es geht dabei vor allem um die Verantwortung für das
Massaker vor Srebrenica.
Hier ein Video-Still aus einer BBC-Dokumentation, wo man
Mladic mit Thomas Karremans, dem Kommandeur der "Dutchbat III", sieht. Ich habe
in verschiedenen Quellen darüber gelesen, wie Mladic dem Offizier eine Zigarette
anbot und dazu sagte: "Nehmen Sie eine. Sorgen Sie sich nicht, es wird nicht Ihre
letzte sein."
Die enorme Schärfe dieser Empfehlung läßt sich erst
ermessen, wenn man gesehen hat, wie der serbische General den Repräsentanten der
westlichen Militärmacht davor eingeschüchtert hat. Das ist aber, wie eben auch
Tomaschitz betonte, sehr viel näher an ganz vertrauten Alltagsgeschichten, denn an
großspurigen Attitüden von Leinwandhelden.
Es gibt davon ein Filmdokument auf Youtube. [ link] (Siehe dazu auch:
"Timeline: Siege of Srebrenica" [link]) Wovon
schreibe ich hier? Unter anderem von einem Ringen um Anteil an der
"Deutungsmacht", die in zu hohem Maße von rein kommerziell orientierten Leuten
okkupiert ist. Das ist eine politische und eine soziokulturelle Ambition; nämlich den
"Fälschern" da und dort in den Arm zu fallen.
[Der "Balkan-Reflex"]
Dezember 2006Solidarität ist ein Geschwindigkeitsproblem.
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