4. November 2008
Der Weg am Murufer, den ich gestern erwähnt habe, brachte mich nicht bloß an der Markierung von
fast stummem Unmut vorbei. Er führte auch an einen Tatort oder Unglücksort, wovon dieser
Rest einer Absperrung unscharf erzählt.
Spuren und Mutmaßungen. So wird jeder begangene Weg zur
"Erzählung", die ihre ganz eigene Grammatik und Syntax hat. Oder einmal mehr:
Deutungsgeschäfte. Wir erzählen uns die Welt. Das wirft gelegentlich so karge Artefakte
auf. Ich falle aber auch gerne über größere Fundstücke. Vor allem wenn sie auf vier
Räder gestellt sind.
Kleines Geschichterl: Ein Bauingenieur aus der Schweiz
entdeckte auf meiner Website die Fotos eines Ford Cortina und schickte
mir daraufhin welche von seinem prächtigen Cortina. Verbunden mit der
Bitte, für ihn herauszufinden, ob der weiße, den ich fotografiert habe, noch existiert.
Was der Fall ist. Als ich an der Stelle Nachschau gehalten hab, kam mir ein ganz anderer
Ford in die Quere.
Ein Thunderbird, die Version, welche 1977 bis 79 gebaut
wurde, also ein "Torino Bird". V8-Triebwerk mit 4,9 Litern Hubraum, eine
geschrumpfte Karosserie, demnach leichter und kürzer als das Modell davor. Ein Echo der
"Ölkrise" von 1973, die 79/80 ihren zweiten Schub hatte.
So sah damals in den Staaten also das
"Schrumpfen" von Autos aus. Das ist auch insofern bemerkenswert, weil der erste
"T-Bird" Mitte der 1950er als ein zarter, eleganter, sehr
"europäisch" wirkender Zweisitzer dahergekommen war. [link] Bleibt die Frage,
was wohl in Jungs vorgehen mag, wenn sie ihre Silhouetten auf technischem Wege so radikal
vergrößern.
Cut!
Was ist gemeint, wenn ich den Politiker Arnold
Schwarzenegger (im gestrigen Eintrag) eine "präfaschistische
Ikone" genannt habe? Diese Formulierung meint natürlich unübersehbar, daß an ihm
ETWAS mit Faschismus zu tun hat. Aber was genau?
Meine Generation hat sich über Jahrzehnte damit
hervorgetan, die Zuschreibungen "Faschist", "Fascho",
"faschistoid" recht großzügig zu verwenden. Ich halte das für falsch. Es
schadet mehr als es nützt. Es ist schwierig genug, im Alltag einigermaßen klar
darzustellen, was der historische Faschimus war und was ihn ausgemacht hat. Es verchleiert
diese Zusammenhänge, den Begriff beliebig zu verwenden.
Aber es gibt eine ganze Reihe von Eigenschaften und
"Qualitäten", die bis heute breite Wertschätzung genießen und die nicht
fehlen, wenn man beschreiben möchte, was zum Faschismus geführt hat, folglich auch
erneut zu etwas Vergleichbarem führen KÖNNTE.
Schwarzenegger hat eine bemerkenswert umfassende Auswahl
solcher "Implikationen" des Faschismus genützt und bedient, um dort anzukommen,
wo er heute steht. Der radikale Aufsteiger aus "kleinen Verhältnissen" hat sich
dafür schon in der Steiermark erzkonsevativen Netzwerken angedient, die ihrerseits AUCH
im Faschismus Wurzeln haben. Seine Karriere als Bodybuilder und Schauspieler bietet so gut
wie alle Zutaten, die auch auch der Faschismus in seiner Darstellung nach außen, ins
einer überheblichen Inszenierung bevorzugt hat.
Da wären zum Beispiel Körperkult und eine Versessenheit
auf jugendliche Erscheinung. Ferner die Ästhetisierung und die Verherrlichung von Gewalt,
durchtränkt mit der Andeutung, daß "das Stärkere" auch "edler" sei
und sich daher durchsetzen möge. Das "Ideal des soldatischen Mannes" erblüht
dabei ebenso wie die "Maschinisierung" des Menschen und die Vermenschlichung von
Maschinen. Zwischen all dem stapft stets der körperlich geschwollene "edle
Barbar" herum.
Ich kürze nun ab, möchte aber noch eine historische
"Kurzfomel" anfügen, die sehr gut zusammenfaßt, was man sich unter
"präfaschichtischen Qualitäten" vorstellen darf, an denen so unappetitlich und
anfechtbar ist, daß sie zum/zu einem Faschismus führen KÖNNEN.
Adolf Hitler hat einst im "Deutschen Stadion" auf
dem Nürnberger "Reichsparteitagsgelände" seine Erwartungen an "die
Jugend" proklamiert. Sie möge "schnell wie Windhunde, zäh wie Leder und hart
wie Kruppstahl" sein.
Das ist doch sehr präzise ein Teil jener Fixpunkte in
einem "präfaschistischen Koordinatensystem", das Schwarzenegger äußerst
detailgenau abgearbeitet hat, um seine Karriere auf den Stand zu bringen, von dem aus er
sich heute der Welt als Referenzgröße und Vorbild aufdrängt. Deshalb ist er also kein
Faschist, aber er propagiert Zutaten des Faschismus.
[Wir Kinder des Kalten Krieges]
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