31. Oktober 2008
Solche Aufkleber finden sich momentan in Gleisdorf wieder
an vielen Ecken. Wer hier als "Dichter" vorgeführt wird, der Wiener Gerd Honsik, gilt als
militanter Neonazi. Er befindet sich nach mehreren Verfahren und Verurteilungen in Haft.
Honsik ist ein extremes Beispiel für "Revisionisten". Das sind Leute, die sich
dem "Umschreiben" dessen widmen, was zum Zweiten Weltkrieg und zum Holocaust als
Stand der Dinge in der Geschichtsschreibung gilt.
Das Anschreiben GEGEN wissenschaftliche Diskurse auf der
Höhe der Zeit findet auf vielfache Art statt. Meist wesentlich milder, als es einer wie
Honsik tut. Die Konfrontation mit solchen Leuten rührt naturgemäß immer auch an Fragen
von Gedankenfreiheit und freier Meinungsäußerung.
Das "Verbotsgesetz" stellt die Publikation und
das Promoten mancher Ansichten unter Strafe. (Siehe dazu den Eintrag vom 20. August 2005!) Wer
den Holocaust leugnet oder verharmlost, wer in Fragen der Täterschaft hinter den Stand
dessen zurück möchte, was als wissenschaftlich außer Streit gestellt gilt, riskiert in
LÖsterreich und Deutschland eine Konfrontation mit der Justiz.
Weshalb die "Neue Rechte" wenigstens seit den
1980er-Jahren einiges Geschick zeigt, ihre Ansichten so zu formulieren und zu verbreiten,
daß die Publikationen rechtlich nicht anfechtbar sind. Dazu gehört ein Andeuten und
Umschreiben von Ansichten, die aber vom eigenen Klientel sehr gut verstanden und treffend
dechiffriert werden.
Hier geht es also um ein Ringen, in dem
Geschichtsauffassungen zur Debatte stehen. Hier geht es aber auch um die Praxis von
Menschenverachtung, um die Grundlagen von Antisemitismus und um Formen des Rassismus.
Das hat merkwürdige Nebenwege und "stille
Gassen". Ich hab vorgestern ein Beispiel
erwähnt, wie in unseren öffentlichen Diskursen die Realität kuriose Beugungen erfährt,
wo Innenpolitik und Journalismus sich berühren. Die irritierende und sachlich schwer
nachvollziehbare Würdigung eines Regionalblattes durch den Grünen
Nationalratsabgeordneten Werner Kogler [link]
ist mir bis heute noch nicht erklärt worden. Allerdings haben mich die Grünen Gleisdorfs eingeladen,
die Sache in ihrem Periodikum darzulegen. Die Sache hat dadurch einige Brisanz, daß im
genannten Blatt Momente des Revisionismus schon mehrfach durchgeschimmert haben. Dem
sollte man vor allem in Österreichs Parlament gewachsen sein. Das scheint mir aber heute
weniger denn je ein gesicherter Status quo zu sein.
Eine andere Kuriosität verdanke ich der "Kronen Zeitung". Im Eintrag vom 24. Oktober 2008 ist erwähnt, daß Fachleute im
heurigen Jahr einen Schaden von 24 Milliarden Euro an Österreichs Volkswirtschaft
erwarten, verursacht durch Korruption. Nun schrieb ein Franz Köfel aus Völs in einem
Leserbrief (der komplette Text):
Was unterstellt denn dieses dumme Geschwätz? Korruption
betreiben also andere, nicht wir? Das sei Balkan, aber nicht Österreich? Nein! Natürlich
sind es auch unsere eigenen Leute. Die Schlußfolgerung muß lauten: Ganz Österreich ist
überall in Österreich gegenwärtig.
Köfel ist Stammgast im Leserbriefbereich der
"Krone". Mag er denken, was er will. Es wäre der zuständige Redakteur zu
befragen, warum er Texte publiziert, die eine ganze Region Europas als Inbegriff für
Korruption benutzen und so ausweichen, wo es darum ginge, jene Herrschaften Österreichs
zur Rede zu stellen, denen dieser enorme Schaden real zu verdanken ist.
[Der "Balkan-Reflex"]
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