20. September 2008

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Künstler Walter Kratner brachte gestern die Programmhefte und die Folder nach Gleisdorf, die er für unser Projekt im Festival "steirischer herbst" gestaltet und produziert hatte. [link] Das war nur einer der Anlässe unserer Zusammenkunft. Der andere liegt in einer Konsens-Überprüfung für unseren gemeinsamen Beitrag zur "3 von 3" von "kunst O.ST".

Ich hatte ihm vorgeschlagen, daß wir inhaltlich und künstlerisch auf Hardcore setzen. "Die große Unterbrechung" als das Maximum der Verlangsamung. Der Tod als Angelpunkt menschlicher Angelegenheiten. Der Zusammenhang in den Ideen von der Kunst und dem Göttlichen, egal, welche Ideologie gerade vorherrscht. Naja, rein ins Fleisch, so tief es geht. Das wird sich im Rahmen von "next code: break" ereignen.

Unsere Zusammenkunft, die für mich mittags eigentlich schon begonnen hatte, wo mit der Keramikerin Christa Ecker-Eckhofen "kunst O.ST"-Belange zu besprechen war, wurde zu einer ausladenden "Kulturkonferenz" und einer kleinen Hommage an den Welschriesling, den man oben über den untern Bildrand blitzen sieht.

Was wir weiter zu erörtern hatten, war das Vorhaben, einige maßgebliche Intellektuelle aus Ex-Jugoslawien an einen gemeinsamen Tisch zu laden. Wir sind uns einig, das nun anzupacken.

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Das bezieht sich aktuell auf mein Gespräch mit der slowenischen Autorin Marusa Krese. In Resonanz auf eine Debatte mit dem serbischen Künstler Dragan Protic. (Siehe den gestrigen Eintrag!) Im Kern dieser Erörterungen stand ein schlichtes Motiv.

Einige der wesentlichen Großereignisse Europas haben sich innerhalb dreier Generationen ereignet, die noch mit einander direkt im Gespräch sein konnten. Mein Großvater war ein Soldat des Kaisers gewesen, mein Vater ein Soldat Hitlers. Das berührt den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Mit jenen Menschen, die den Sezessionskrieg Jugoslawiens erlebt haben, bin ich in aktuellem Kontakt.

Verdun, Auschwitz, Srebrenica. Wir haben längst alles gewußt. Wie es zu solchen Greueln kommt. Nichts war unklar. Keine Geheimnisse. Keine Überraschungen. So stellen mindestens wir Künstler uns nun die Frage: Was ist daraus zu schließen, welchen Handlungen sind zu setzen? Wie lassen sich die Wege zu den Massakern blockieren? Was ist dazu nötig?

Marusa Krese schrieb an einer Stelle in ihrem Buch "Alle meine Kriege":

>>Moschee. Krieg. Schüsse. Es gibt einen Gott. Es gibt keinen Gott. Menschen. Zypressen. Händler von Herzen. Tote in den Wäldern. Ertrinken in Erinnerung.<<

Da sind also Schlüsse zu ziehen. Da sind Schritte zu setzen. Ein Zugang, der übrigens heuer bei "next code: divan" schon betont worden war. Einer der einleitenden Texte zu diesem Teilprojekt ist dem bosnischen Dichter Dzevad Karahasan gewidmet, wo er sagt:

>>Die Kunst schützt uns vor Gleichgültigkeit, der Mensch aber lebt, solange er nicht gleichgültig ist.<<

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Gegen Abend stieß der Tierarzt Karl Bauer zu unserer kleinen Kulturkonferenz. Er ist der Initiator jener Kooperation, durch die ich kürzlich einige Tage mit den vier Künstlern aus dem Kosovo hier in der Oststeiermark unterwegs gewesen bin. [link] Rückblickend ist es schon verblüffend, welche Fäden in dieser Region nun zusammenlaufen und was wir uns in all dem inhaltlich vornehmen können.

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Thematisch passend war dann auch noch Kunsthistorikerin Mirjana Selakov zu uns gestoßen, die nächste Woche in Gleisdorf ihre Einführung in die Kunstszene Serbiens bringen wird. [link] Aus dem Kalten Krieg in den Sezessionskrieg. Ein fordernder Prozeß für Kunstschaffende.

Zum Abschluß ins Gleisdorfer Rathaus, um bei der formellen Eröffnung des "Museum im Rathaus" ein paar weitere Fäden aufzugreifen. Das Akronym für dieses Museum erscheint auf dem Logo als "MIR", was das slawische Wort für "Frieden" ist. Wovon sich übrigens der Namen Mirjana herleitet, die auf dem Foto oben ganz links zu sehen ist. Neben Michaela Zingerle, Christa Ecker-Eckhofen und Walter Kratner. Wir haben dort, im Foyer zum Büro des Bürgermeisters, quasi unsere Konferenz abgeschlossen.

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Bürgermeister Christoph Stark hat diesmal sozusagen auf der visuellen Ebene zurückgeschlagen. Und es scheint, als sei auch hier Welschriesling zum Zug gekommen. (Die aktuelle Ausstellung im "MIR" handelt von Wein.)

Doch wichtiger als das: Wir hatten kurz Gelegenheit, ein paar nächste Schritte zu erörtern. Denn der Abend mit dem Architekten Dieter Spath, unser abschließender Beitrag zur "regionale 08" [link], hatte einen vorzüglichen Fragen- und Themenkatalog ergeben, mit dem wir weiterarbeiten wollen. Dabei spielt auch Stark eine maßgebliche Rolle, die er noch konkretisieren wird.

Es mag also an diesem Blatt hier ganz gut ersichtlich werden, wie zur Zeit gesellschaftspolitisch relevante Themenstellungen und künstlerische Vorhaben in einen Fluß von Kohärenz gekommen sind ... (Siehe dazu auch Notiz #26 zu "next code: divan"!)


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