19. September 2008
Ein untrügliches Zeichen, daß der Sommer dahin ist. Die
Profis beginnen mit dem Beschneiden von Bäumen. Dabei war ich eben noch mit kurzen Hosen
unterwegs, mit den Kosovaren
vergnügt in später Sonne. Im letzten Abdruck bei einigen der Ausstellungen der
"regionale 08", die nun ihr Ende fand wie der Sommer.
Ein "innerer Kreis" war nach Ilz eingeladen
worden. Hier sieht man an der Tür zur Tabakhütte das Plakat zu unserer nächsten Session
hängen. Mirjana Selakov wird kommende Woche die Kunstszene Serbiens vorstellen. [link] Dort waren
die 1970er von einem Schwung und inhaltlicher Wucht, da hätte man sich bei uns noch eine
Scheibe abschneiden können.
Die 80er waren eine Zeit der Lähmung. In den 90ern haben
dann einige Künstler während des Sezessionskrieges sich gegen das Regime Milosevic
exponiert. Ein paar dieser Leute sind heuer bei uns an Bord: "next code: exit". (Auf
dem obigen Foto sieht man übrigens im Hintergrund rechts Landeskulturreferent Kurt
Flecker und links Gabriele Russ, die Leiterin der Kulturabteilung.)
Elektronikmusiker Winfried Ritsch hatte in Ilz ein
außergewöhnliches Werk geschaffen, indem er den riesigen Holzbau, die Tabakhütte, zum
Klangkörper eines Musikinstruments machte. Ich bin neugierig, ob es ihm gelingen wird,
dereinst eine Brücke auf ähnliche Art zu adaptieren.
Cut!
Dragan Protic von "Skart" war einige Tage in der
Stadt. Er leitet die Chorproben
für einen Beitrag zum Festival "steirischer herbst". Wir haben einige Zeit
genutzt, um weiterführende Optionen zu debattieren. Denn mein Europa ist größer als das
der EU. Darin stimmen wir überein. Die jüngste Krise im Kaukasus und der amerikanische
Bankenkrach geben uns zu denken, was all das bedeutet, wovon auch unsere Biographien
berührt und geprägt sind. (Siehe dazu "next code: log", Einrtrag #97!)
Es ist polemisch und dümmlich, wenn Leute nun wieder
leichtfertig den Begriff "Kalter Krieg" hervorkramen. Das rekurriert auf alte
Klischees und hilft keineswegs, aktuelle Aufgaben klar zu machen. Dragan erzählte mir von
Gesprächen mit einigen der "Frauen
in Schwarz" in Beograd. Er sagte, er sei sehr irritiert gewesen, daß sie von
einem "war of low intensity" sprechen, was ja wesentlich ausdrückt: Der Krieg
hat nicht geendet.
Ich stimme dieser Einschätzung zu. Vor allem weil der
Katalog an Motiven und Intentionen für (den) Krieg nicht suspendiert, gelöscht ist.
Wie das so geht, illustriert momentan auch der
österreichische Wahlkampf. Jörg Haider ist keineswegs der einzige Spitzenpolitiker, der
den Menschen in dieser Sache Sand in die Augen streut ... um das Wort lügen zu vermeiden.
Eine
Lüge ist die Behauptung, es gäbe diese "Österreich", das man "den
Österreichern" vorbehalten könnte. Allein deshalb, weil es schon seit Jahrzehnten
keine nationale Wirtschaft mehr gibt. Weltweit. Auch einstige Superstaaten wie Amerika
oder Japan mußten sich von solchen Optionen längst verabschieden.
Es
gibt ferner keine "exklusive Sicherheit" eines Staates. Deshalb ist
logischerweise auch die Idee eines nationalen, exklusiven Wohlstandes Unfug. Wir sind mit
allen anderen Ländern, unmittelbaren Nachbarn und fernen Akteuren eng verknüpft. Ich
KANN gar nicht in Sicherheit sein, falls mein Nachbar sich unsicher, bedroht fühlt. das
gilt ebenso für soziale Aspekte und Fragen der Verteilung von Wohlstand.
Hinzu
kommt eine klare Rechtslage, die in der Tat, was oft kritisiert wird, viele Entscheidungen
an Brüssel delegiert. Right or wrong, das ist der Status quo. Ein Agent der Blödheit,
wer so tut oder auch nur andeutet, "wir Österreicher" könnten das in
absehbarer Zeit revidieren.
Daß
nun Vaterländische wie Haider und Strache diese Fakten leugnen und derlei Unfug
propagieren -- Österreich den Österreichern --, mißbillige ich zwar, aber es
überrascht mich nicht.
Daß
SPÖ und ÖVP längst auch solche Lieder singen, finde ich entsetzlich. Denn diese Jungs
müßten es nicht bloß besser wissen, sie wissen es selbstverständlich. Und sie
täuschen uns über diesen Stand der Dinge, den genau zu kennen mir unverzichtbar
erscheint, wenn wir die aktuellen Stürme möglichst gut überstehen sollen.
[Wir Kinder des Kalten Krieges]
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