7. September 2008

Ein bemerkenswerter Firmenname. "good machine". Das Motiv gehört zum Vorspann von Ang Lees Film "Eissturm". Eine furiose Erzählung über die erschreckenden Konsequenzen dessen, wenn Menschen sich in Gleichgültigkeit fallen lassen. (Siehe dazu den Eintrag vom 7. Juni 2007!)

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Ein Werk, das ich auch deshalb immer wieder sehe, weil es so anregend ist, was das Erzählen auf visueller Ebene angeht. Obwohl ich genau das als Autor, als Schreibender, ja nicht unmittelbar aufgreifen kann. Dennoch hat es starken Einfluß.

Da ist zum Beispiel anfangs eine Sequenz, in welcher der Kamerawagen nach links fährt, während man dabei eine Bahngarnitur sieht, die eine Spur schneller nach links fährt, wo zugleich über der Dachlinie des Zuges ein schmaler Streifen der Landschaft sichtbar bleibt. Die statische Landschaft wirkt so in dieser Aufnahme ebenfalls bewegt.

Ein Moment des Filmes, der eigentlich dem Genre Malerei zufallen sollte, obwohl der Aspekt Bewegung auf drei verschiedenen Ebenen darin ein Hauptereignis ist. Dadurch ein sehr schönes Beispiel, was ein prozeßhaftes Erzählen meinen kann, das verschiedene mediale Formen verknüpft.

Stichwort: starker Einfluß. Eines der Tabuthemen in unserem Kunstbetrieb. Bloß keinen Einfluß sichtbar werden lassen. Als ob man bei etwas erwischt worden wäre. Am besten: gar keinen Einfluß erlebt haben. Was für ein Unfug! Als gäbe es irgendjemandes Werk ohne die Vorleistungen anderer. Diese komischen "Originalitätsdünkel" sollte zu denken geben. Daß sie eventuell kaum mehr sind als "Marktfaktoren" ...

Cut!

Ich arbeite gerade Notizen und fliegende Blätter ab, damit sich meine Tische lichten. Richtig! Die überbordende Flut an Papier betrifft nicht bloß meinen Arbeitstisch. Dazu kommt der elektronische Schrott. Dunstan Minot, eigentlich irina.davydova, schickte mir folgende Botschaft: "video with a naked celebrity Shocking for der.krusche".

Was darf ich mich mir unter diesem Angebot vorstellen? Einen Bundeskanzler in Unterhosen?

Nicht gerade die bevorzugte Option in einem Schnipsel von einer Glosse der Ruth Stubenschrott in der Weizer WOCHE. Da hat jemand offenbar von schrägen Blicken die Schnauze voll.

Im Eintrag vom 29. August habe ich notiert: "Das ist doch der Sarkozy, welcher als Staatspräsident seine Kraft vor allem darauf verwendet hat, ein Medienereignis zu sein, ein Klatschpressen-König."

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Diese Notiz stand im Zusammenhang mit der Frage, von welcher Position aus und mit welchen Meriten wir "Westler" denn Rußland belehren möchten. In "Der Standard" stand kurz darauf zu lesen:

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Im dazu gehörige Artikel heißt es:
>>"Medialer Clausewitz" nennt ihn Le Canard Enchaîné in Anspielung an den preußischen Kriegsstrategen. Für den "Generalissimus" Sarkozy zählten "nicht die Resultate" , sondern der Umstand, dass "ein Fernsehbild das andere jagt" , meint das Pariser Satireblatt.<< [Quelle]

Diese wachsende Verknüpfung von Politik und Journalismus im Dienste des Unterhaltungsgeschäftes, ein Generieren von Action-Einlagen und Karaoke, dieses flotte Zusammengreifen a la Berlusconi, erleben wir auch in Österreich.

Eine frische Spielart, das zu unterlaufen, was unsere Verfassung mit der "Gewaltentrennung" zu sichern sucht. Daß nämlich das Kräftespiel verschiedener Instanzen der Macht durch wechselseitige Kontrolle in Balance gehealten werden kann und keine einseitigen Machtkonzentrationen zuläßt.

>>Das Prinzip der Gewaltentrennung: Art. 94 B-VG sagt: "Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt." Dieses Trennungsprinzip bedeutet im Einzelnen: ...<< [Quelle]

Die Richtervereinigung Österreichs formuliert es so:

Zur Wahrung der Ordnung im Inneren und zur Erhaltung des Schutzes nach außen muss ein Staat Macht ausüben. Die Staatsgewalt ist die unmittelbare, oberste, umfassende und ausschließlich geordnete politische Herrschaftsgewalt in einem Staat. Die Staatsgewalt wird in die drei klassischen Staatsfunktionen eingeteilt:

Gesetzgebung (Legislative)  Verwaltung (Exekutive)

Gerichtsbarkeit (Justiz)

[Quelle]

Daran dachte ich außerdem kürzlich angesichts eines Plakates der ÖVP, das ein Beispiel von wahlkämpferischem Polit-Karaoke liefert. Blödheit für Fortgeschrittene. Denn was genau heißt denn das bitte? "Volle Härte bei Kindesmißbrauch."

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Daß man den Richterinnen und Richtern ins Gewissen oder gar ind die Arbeit dreinreden möchte, welche Strafen zu verhängen seien? Was ist denn "Härte", gar "volle Härte" für eine Kategorie, womöglich juristische Kategorie? Schmarren! Lesen Sie in unseren Gesetzen nach, sie Demokrat, der oder die sie so ein dummes Plakat geschaffen haben. Die Richtervereinigung beschriebt das so:

>>Der Richter ist in Ausübung seines richterlichen Amtes unabhängig. [...] Die verfassungsgesetzlich garantierte Unabhängigkeit bedeutet aber auch, dass der Richter unabsetzbar und unversetzbar ist.<< [Quelle]

Das hat gute Gründe. Wir haben diesem Berufsstand also nichts zuzurufen, dreinzureden, auch nicht von Härte zu faseln. Recht zu sprechen und Härte aufzubauen sind zwei ganz unterschiedliche Geschäfte. Wir haben statt dessen die Freiheit, uns ind er Sache um Prävention zu kümmern, an hinderlichen Tabus zu arbeiten, über praktische und praktizierbare Hilfe für Opfer und Täter nachzudenken etc.

All das ist ungleich komplexer, schwieriger, fordernder als das Formulieren so dummdreister Slogans. Übrigens! Eine anregende Lektüre; unser Bundesverfassungsgesetz: [link]


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