29. Juli 2008

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Was für ein verblüffender Effekt. Durch den "Kirtag" im Stadtzentrum war der samstägliche Bauernmarkt zu mir herauf in eine kleine Gasse gezogen. Durch genau diese Anordnung, diese Enge, die man durchschritt, all die Gerüche der angebotenen Köstlichkeiten, die eigentümliche Geräuschsituation, das Stimmengewirr, ist etwas entstanden, das mir aus meiner Kindheit gut vertraut ist. Kein Supermarkt wiegt auf, was diese Marktsituation ist.

Cut!

Na gut! Witze über Radovan Karadzic und Ratko Mladic, wie im gestrigen Eintrag, das hat heikle Seiten. Denn die beiden Männer sind mutmaßlich für Kriegsverbrechen verantwortlich. Mutmaßlich? Es weist viel darauf hin, daß sie für Massaker einzustehen haben. Aber auch wenn in der "Kronenzeitung" längst über die "Balkanschlächter" zu lesen ist, gilt als ein hohes Gut der Demokratie und der Zivilisation die "Unschuldsvermutung".

Nein, es liegt mir hier nicht an zynischer Wortklauberei. Wie angedeutet: Die Hinweise scheinen erdrückend. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die beiden Männer bei einem ordentlichen Verfahren freikämen. Zugleich ist genau DAS, eine Vorverurteilung, in unserer Kultur unzulässig.

Anders ausgedrückt: Es gilt, daß der Vorwurf einer Tat ein ordentliches Verfahren zur Folge haben muß. Erst das ergangene und bestätigte Urteil macht aus dem mutmaßlichen Täter einen Täter.

Ich würde Privatpersonen dabei nicht solche Genauigkeit abverlangen. Aber durchaus den Medienleuten. Vor allem jenen vom Boulevard, denen teilweise "Überzeugungstäterschaft" nachgesagt werden kann, die also offenbar notorisch gegen eigene Standesregeln und Regeln der Demokratie verstoßen.

Was und wen ich damit meine?

Medienanwältin Maria Windhager hat vor einiger Zeit in "Der Standard" dargelegt, wie sie die Situation Österreichs einschätzt. (Siehe dazu den Eintrag vom 22. Juli dieses Jahres!)

Es ist recht lustig, wenn etwa ausgerechnet "Krone"-Herausgeber Dichand schreibt, daß die Demokratie von der EU beschädigt werde.

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Wobei er selbst über eine Majorität im Geschäft der Meinungsbildung gebietet, die sich keiner demokratischen Legitimation stellt und keiner "Gewaltentrennung" unterliegt, durch die eine Kontrolle möglich wäre. In "Der Spiegel" war unlängst zu lesen:

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Ich  kann es mir zwar nicht recht vorstellen, daß in der Tat 43 Prozent meiner Landsleute die "Krone" lesen, aber wenn es bloß 43 Prozent Marktanteil in diesem Geschäft wären, hielte ich das für höchst problematisch.

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Wir haben Aspekte solcher Gegebenheiten gestern in Weiz debattiert, wo Hubert Brandstätter zu einem Künstlergespräch geladen hatte. Er hat zur Zeit Gäste aus Polen und Deutschland in seinem Atelier. Natürlich ging es hauptsächlich um Kunst, deren Bedingungen, Inhaltsfragen, Marktlagen.

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Hannes und Elfriede Schwarz waren einmal mehr Gegenüber für Erörterungen der Wege in die Moderne. Aber es war auch über die Geschäfte von "Deutungseliten" zu reden, über die Ansprüche auf "Deutungshoheit". Also das, was ein Dichand mit seinem Medienunternehmen in erheblichem Maße beansprucht, ausfüllt, gegen andere Positionen abzuschotten versucht.

Ich staune immer wieder über den traurigen Blick mancher Künstler, die bei diesem Thema meinen, mir läge es eben, mich solchen Dingen in der Praxis zu widmen, andere seien als Kunstschaffende nicht gerüstet, sich solchen Anforderungen zu stellen.

Das Argument ist etwa so stichhaltig, wie die Behauptung, den Frauen läge es eben, Kinder zu betreuen und den Haushalt zu führen, Männer hätten es dabei viel schwerer.

Da nützt nichts. Wer es vorzieht, Bürger zu sein statt Untertan, kann schwer als Bürde behaupten, was das Recht wäre: Aktive Teilnahme am politischen Leben. Wer genau das ausschlägt, weil er wichtigere Dinge zu tun hat, gibt den Boden, auf dem er steht, der Tyrannis preis. So einfach ist das, davon bin ich überzeugt.

Was Immanuel Kant mit "selbstverschuldeter Unmündigkeit" gemeint haben mag, berührt eben diesen Punkt: Bin ich inhaltlich ausgestattet und praktisch bereit, am politischen Leben einer Gesellschaft teilzunehmen?


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