9. Februar 2008

Es war vorhersehbar, aber ich habe es eigentlich nicht erwartet. Eben erst hat sich die vaterländische Blondine im Wahlkampf von Graz exponiert, um mit dem Herabwürdigen von Muslimen zu punkten. (Siehe Eintrag vom 15. Jänner 2007!) Schon zeigt sich der Hauptschaden solcher Brandstifterei: Nationalistisch aufgestellte Rowdies fühlen sich bekräftigt und legitimiert, Muslime zu bedrohen.

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... "jeglichen Islam" ... Es erinnert einmal mehr an Karl Kraus, der meinte, Deutschnationale würde man daran erkennen, daß sie kein Deutsch könnten. Die offensichtliche Schwäche in Aspekten jener Kultur, auf die sich solche Rabauken gerne berufen, ist noch der harmloseste Ausdruck ihrer SA-Mentalität. Es ist der selbe Geist, mit dem einst Synagogen angezündet wurden, der heute empfiehlt:

>>Eure Moschee wird brennen, ...<< [Quelle]

Dafür liegt nicht nur Verantwortung, sondern auch Schuld bei der Politik des Landes. Denn die dauerhaft rund 15 Prozent Klientel der rechten Lager sind legitimer Teil einer (hoffentlich) streitbaren Demokratie, in welcher den Menschen das Denken nicht vorgeschrieben wird.

Aber wie laut sich deren extreme Vertreter nach außen und in die Öffentlichkeit wagen, was sie an TATEN setzen, wird ganz wesentlich vom politischen Klima bestimmt, das erheblich darauf wirkt, ob es einen breiten gesellschaftlichen Konsens FÜR oder GEGEN solche Handlungen gibt.

Denn das ist ja eine der Lektionen aus dem 20. Jahrhundert: Das präfaschistische Gesindel bezieht seinen Mut aus Zusammenrottung und aus Zustimmung von außen.

Vor allem Wahlkampfzeiten haben gezeigt: Da herrschen beim politischen Personal längst ganz niedere Hemmschwellen gegenüber der brutalen Komplexitätsreduktion, wie sie auf dem Boulevard gepflegt wird. Das nimmt fast niemanden aus, sogar im Lager der Grünen konnte man schon Wahlkampfschritte sehen, die der FPÖ nicht schlimmer gelungen wären. (Siehe Eintrag vom 7. Juli 2005!)

Die unlängst noch schwarz-blaue Regierung hat den rechten Lagern eine Menge Ermutigung für Ausritte in die Öffentlichkeit geboten. Die Sozialdemokraten haben längst auch die Süße des verächtlichen Populismus gekostet.

Was hier so falsch läuft?

Ein sich als christlich betonendes Europa, das sich so plump gegen Muslime richtet, schneidet sich damit von seinen eigenen Wurzeln ab, beginnt so, seine kulturellen Fundamente zu zerschlagen.

Es war ja nicht bloß bis wenigstens in das 12. Jahrhundert die muslimische Kultur der christlichen in vielen Bereichen weit überlegen (Wissenschaft, Medizin etc.). Was wir gerne landläufig als "unser Europa" verstehen, ist geistig und materiell gut durchwachsen von so Vielem, das wir aus muslimischen Kulturen erhalten haben.

Eines der prominentesten Beispiel dafür sind die Texte von Aristoteles, welche der Westen verloren hatte und von Ibn Ruschd zurück erhielt. Aber auch Alltäglicheres wäre schmerzlich verkürzt, würden wir beispielsweise die "österreichiche Küche" von allem befreien, was seine Wurzeln in muslimischen Kulturen hat. (Allem voran Kaffee und Strudel.)

Wie sehr nicht nur die vaterländischen Parteien, sondern auch alle anderen Parteien Österreichs den Stand der Dinge mitzuverantworten haben, drücken solche Meldungen aus, die hartnäckig wiederkehren. (Quelle: "Kleine Zeitung")

Allein die Idee, den Bau von Moscheen zu verbieten, widerspricht der Verfassung Österreichs und jenen Menschnrechts- konventionen, die teilweise bei uns Verfassungsrang haben.

Eine Republik, die nicht einmal in der Lage ist, Vorgaben des eigenen Verfassungsgerichtshofes umzusetzen (zweisprachige Ortstafeln in Kärnten), gibt erheblichen Anlaß zur Beunruhigung.

Wie kann es sein, daß eine reguläre Partei zum Verfassungsbruch anregt?

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Sowas schafft Ermutigung und Legitimation für das präfaschistische Gesindel. Was braucht es noch, damit diese Demokratie sich als so streitbar erweist, daß sie die Barbaren in ihre Winkel zurückweist? Wir wissen seit Auschwitz und Srebrenica, daß jedes Massaker mit einem Krieg der Worte beginnt. Werden die Täter auch handgreiflich, ist ein Ablauf initiiert, der verläßlich gestoppt werden muß:

>>Die Schändung des gesamten islamischen Teils des Grazer Zentralfriedhofs sorgt auch vier Tage nach Bekanntwerden für Aufregung und Bestürzung in der steirischen Hauptstadt. Vor allem das gleichzeitige Auftauchen eines Drohschreibens, ...<< [Quelle]

[Wir Kinder des Kalten Krieges]


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