14. November 2007
Die "1 von 3" der Runde "kunst O.ST" ...
Unbestritten weiß ich ein aufmerksames Publikum zu schätzen. Und warum sollte mir ein
leerer Raum lieber sein als einer, in dem sich die Menschen drängen? So ein Gewusel ist,
wie immer es gemeint sein mag, ist eine Antwort auf eigenes Tun.
Ich bezweifle allerdings, ob sich aus einer
bestimmten Publikumsmenge auch ein Mandat ableitet. Daran hat nicht erst Elias Canetti
gerüttelt. Ich denke, daß schon Autoren der römischen Antike dieses Thema bearbeitet
haben. Aber das sind keine "Entweder-Oder-Geschichten".
Ich schwanke stets zwischen Geselligkeit und
Rückzug, was immer ich habe, läßt mir das andere reizvoll erscheinen. Mein Held ist
Hephaistos, was darauf hinweist, daß ich mich am liebsten in meiner "Werkstatt"
aufhalte. Allerdings: als Hephaist, der bei den Römern Vulcanus hieß, Aphrodite für
sich gewonnen hat, wird das vermutlich nicht in der Schmiede so gekommen sein. (Aphrodite
hat ihn später sitzen gelassen. Er war vielleicht etwas zu viel in seiner Werkstatt.)
Raus aus der Schmiede, rein in die Vernissagen und ... rein in die Diskurse!
Die Station in Weiz wurde von der
Kunsthistorikerin Mirjana Selakov und vom Philosophen Erwin Fiala mit Inputs eröffnet.
Müssen oder sollen Kunstwerke erklärt
werden? Eine überflüssige Frage. Es steht uns jederzeit frei, auf Eindrücke und
Einflüsse zu verzichten. Diskurse sind nur EINE Ebene kulturellen Geschehens. Aber eine
Ebene, die hier nicht gering geschätzt wird. Sie bietet Kontraste zum
"Werkstättenbetrieb" und Kontraste verhelfen manchen Aspekten oft zu besserer
Sichtbarkeit.
Unter Kunstschaffenden ist die Pose der
einsamen Größe ein gefälliges Motiv, das gerne vielfältig variiert wird. Der in
einsamer Größe Geniale ist Spender und nicht Empfänger, ist begnadeter Sender, der sich
an ein grenzenloses (Wunsch-) Publikum verströmt. Er will sich mitteilen, aber nichts
hören, darum mag er auch anderen nicht zuhören.
In einsamer Größe braucht man keine Debatten
und (vermutlich) auch kein Gegenüber. Was gewöhnlich nur so lange gut geht, als man sich
einen Hofstaat verpflichten kann. Solche Monumente einsamer Größe brechen spätestens
dann zusammen, wenn sie bemerken, daß auch ihnen niemand mehr zuhört.
So gibt es bei "kunst O.ST" diesen
Bereich, der durch das künstlerische Geschehen gewoben wird, dieses
"Konstrastgeschäft" der Reflexionsarbeit. Apropos! Philosoph Fiala kommt auch
in den zwei letzten Radio Kolumnen in der "transit zone" vor. (Download
als MP3!) Die Nummer 20 davon bringt übrigens Anklänge an den Film "Easy
Rider", bei dem ich vorige Woche kurz
gelandet war. Ein Lederjacken-Epos, das mir heute als fast schon schmerzerregende
Schmonzette erscheint.
Ähnlich böse erwischt es einen, wenn man
etwa vor mehr als 30 Jahren Musik von "Uriah Heep" gemocht hat und sich heute
erneut dorthin verirrt. In derlei Fällen ging es damals um Attitüden des Rebellischen,
mehr oder weniger, was sich im Soundtrack des Streifens so viel stärker finden läßt,
als im Film. (Ganz OHNE "Uriah Heep".)
Jimi Hendrix, damals gerade Mitte 20, referiert da sein
Verhältnis zu Jungs mit weißem Hemdkragen. Daß Peter Fonda selbst mit weißem
Hemdkragen durch den ganzen Film stolperte, dürfte dem "Easy Rider" nicht
aufgefallen sein. Und Hendrix ist es gewiß sowas von scheißegal gewesen ... wie er
überhaupt mit diesem Song von Todd Rundgren, nämlich "If Six Was Nine", ein Höchstmaß an Scheißegalität mit enormer
Grandezza vorführt:
>>If the sun refused to shine / I don't mind, I
don't mind / If the mountains ah, fell in the sea / Let it be, it ain't me.<<
Da bleibe ich schlagartig und ergriffen
"schmähstad". Das wäre ein anschauliches Beispiel, was kommen könnte, wenn
man ein kleines Kind rufen hört: "Hallo Fisch!" (siehe den vorigen Eintrag!), und ihm danach einzutrichtern
versucht, daß diese Pose unangemessen sei. Rundgren/Hendrix im Originaltonfall:
>>White collar conservative flashin' down the
street / Pointin' their plastic finger at me / Hopin' soon, my kind will drop and die,
but, uh / I'm gonna wave my freak flag high, high<<
Was immer man sich hierzulande unter "rebellisch"
vorstellen mag, DA fängt es erst an. Falls man sich nun fragt, wie es sich eventuell
anhört, wenn Scheißegalität ihren Höhepunkt erreicht habe, fällt mir wieder Jimi
Hendrix ein, der in "Purple
Haze" sing:
>>... 'cuse me, while I kiss the
sky!<<
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