15. Oktober 2007
Kuratorin Mirjana Selakov im Eingang zum
temporären "herbst_raum", der seit gestern Geschichte ist. Oder doch nicht
ganz. Das Projekt "next code: love" endet ja keineswegs mit dem vergangenen
Wochenende, sondern klingt nun aus, wird mit "next code: flow"
nach Weiz überführt. Gleisdorf hat einen sehr speziellen Punkt erhalten.
Besser gesagt: ein Areal. Dieser Winkel, in
dem man Selakov mit Mark Blaschitz und Edith Hemmrich vom "SPLITTERWERK" sieht, ist das
"Knie" eines L-förmigen Bereiches im "herbst_raum". Diese Stelle kann
durch ein mögliches Publikum von zwei Seiten her eingesehen werden.
Wir stellen uns vor, daß die
Vermittlungsarbeit rund um Gegenwartskunst, wie sie heuer von uns begonnen wurde,
kontinuierlich fortgesetzt werden könnte. Wir blicken ferner dabei nach Weiz im Norden
und nach Radkersburg im Süden. Was Radkersburg betrifft, ist eigentlich genauer das
"Pavelhaus" gemeint ...
siehe dazu die gestrige Notiz zu
Kunsthistorikerin Elisabeth Arlt.
Nun hat uns Hausherr Peter Lidl zugesagt, den
Raum noch ein Weilchen freizuhalten und das "SPLITTERWERK" wird seine Arbeiten
noch ein Weilchen im genannten "L" belassen. Es wird einzig das großformatige
"Frühstück im Grünen" einem Satz jener Banner Platz machen, die zugleich auch
in Weiz einen Teil des Vorlaufes von "next code: flow" ergeben sollen.
Somit schaffen wir eine symbolische
Verknüpfung der Orte und Ereignisse. Es wird kaum überraschen, daß ich zugleich an eine
"Spange" denke, die jenseits von Graz quer durch die Provinz führt. Weiz --
Gleisdorf -- Radkersburg ist ein topographisch interessantes Gefüge und mit einigen sehr
inspirierten Menschen besetzt. Daß wir ebenso die Verbindung mit Leuten aus den
Metropolen suchen und pflegen ist klar.
Gestern kam Kuratorin Övül Durmusoglu
(rechts) mit Bernadette Ruis (Mitte) vorbei, die in Wien "to be continued" leitet. Ruis
ist offenbar sehr erfahren, Vorhaben an Orten zu realisieren, die nicht im Bereich der
Kunstvermittlung eingeführt sind. Sie realisiert auch Konzepte, in denen mobile
Präsentationsformen zum Zug kommen.
Ich hab die aktuellen Optionen gestern
Nachmittag auch gleich mit Hausherrn Peter
Lidl näher besprochen. Das Ensemble rechts auf dem Tisch entspringt keinem Zufall.
Der Aschenbecher steht für Weiz, die Getränkekarte für Gleisdorf, das Mobiltelefon für
Radkersburg, die Wäscheklammer für Lidl.
Wenn sich ausreichend Interesse an den
Bedingungen der Gegenwartskunst dingfest machen ließe und eine über einzelne Orte hinaus
reichende Kooperationsbereitschaft für manche Aspekte dieses Geschehens herbeiführbar
wäre, könnten wir in der Oststeiermark einen Kategoriensprung in Fragen der Kunst zuwege
bringen.
[Dokumentation]
Ich hab im Eintrag vom
12. Oktober von der Debatte nach jener Lesung erzählt, in welcher der iranische Kurde
Mohammad Abdullahpour Anlässe schuf, die Bedingungen für Zuwanderer zu erörtern.
Haben wir dabei zur Sprache gebracht, was der Mensch dem
Menschen schuldet? Nein, wir sprachen darüber, was denn die nun
uns schulden würden. Also zum Beispiel, daß sie unsere Sprache lernen. Nur
daß Menschen einander das nicht schulden, sondern bestenfalls schenken können. Wenn
alles gut geht. Wer sich abgestoßen fühlt, wird anderen dieses Geschenk nicht machen
können, wird sich nicht öffnen, sondern verschließen.
Wer das aber verlangt, dieses: "Lern du meine Sprache!",
spricht nicht für die Menschen, schon gar nicht im Namen der Menschlichkeit, sondern
redet dem Nationalismus das Wort. Dies zu klären steht vor allen Appellen an Vernunft und
Klugheit. Wenn jemand schon abendländisch auftreten will, könnte er auch die
Positionen des Nazareners kennen, der sich, so die Legenden, unmißverständlich auf die
Seite der Schwachen gestellt hat, nicht im Lager der Sicheren und der Mächtigen gewesen
ist.
Aber ich hab gar keine Lust, gemäß solcher Traditionen zu
argumentieren. Ich möchte zu dieser Frage zurück: Was schuldet der Menschen dem
Menschen? Was ist diesbezüglich ausgemacht, vereinbart? Darüber haben wir zu reden.
Darüber hat auch ein Minister Rechenschaft abzulegen. Ob er in der Lage ist, den Gesetzen
des Landes in eben diesem Sinn gerecht zu werden. Das hat der Innenminister glaubhaft zu
machen. Oder er sollte sein Amt zurücklegen: Worin sind unsere Gesetze geeignet, zu
sichern, was der Mensch dem Menschen schuldet?
All das andere Geplänkel verursacht mir Übelkeit.
Sozialdemokraten. Christlichsoziale. Diese Bewegungen sind historisch so jung, daß
niemand vergessen haben könnte, welchen Werten man sich ursprünglich
verpflichtet hat. Aber genau darum gehts es schon die längste Zeit offensichtlich
nicht; oder nicht mehr. Das jüngste Ringen um eine Familie aus dem Kosovo hat übrigens
ein paar bemerkenswerte Auffälligkeiten zutage gebracht. Aber dazu später ...
[Wir Kinder des Kalten
Krieges]
[kontakt] [reset] [krusche] |