14. Oktober 2007
Ein lebhafter Samstag. Kuratorin Mirjana
Selakov legte dar, wie die Dinge zusammenhängen. Es ist mir nützlich, ihr dabei
gelegentlich über die Schulter zu schauen, weil es mir klar macht, wie viel noch getan
sein will, um allgemein mehr Vorstellung zu schaffen, wovon Kunstwerke heute handeln, was
Intentionen, Motive und Modi sind, in denen heutzutage Werke entstehen. Und wie ernst
diese Aufgabe genommen werden muß: Vermittlungsarbeit.
Es machen gerade solche Situationen deutlich,
wie borniert, mindestens aber unsinnig eine Haltung wäre, in der man sich den Menschen
gegenüber Abschätzigkeit erlaubt, wo ihnen diese Hintergründe und Zusammenhänge fremd
sind. Warum und wodurch sollten ihnen diese Themen geläufig und klar sein? Welche wären
die Instanzen, die es ihnen vermittelt hätten?
Ich denke gerade an dieses Satzfragment der
türkischen Künstlerin Deniz Gül, welches in eine der Arbeiten eingegangen ist, die bei
der aktuellen Folgestation "next code: flow" in Weiz gezeigt werden wird:
"Der Grund war: Reden, reden, reden,
bis wir einander kannten ..."
Der Zusammenhang, dem dieser Satzteil
entsprang, war ein ganz anderer, aber das Prinzip, das darin anklingt, ist vielfach
anwendbar. Verständigung. Die entsteht eben nicht von selbst. Die muß gewünscht und
dann herbeigeführt werden.
Heute ist der letzte Tag. Es endet diese
Ausstellung, es endet das Festival "steirischer herbst". Ich hab subjektiv das
Gefühl, dieses Jahr sei hier durch "next code: love" einiges in Bewegung
gekommen. Ich habe aber noch sehr viel deutlicher einen Eindruck, was wir uns vornehmen
müssen, nein: sollten; falls es ernst damit ist, der Gegenwartskunst in der Region zu
mehr Gewicht und Bedeutung zu verhelfen. (Siehe dazu auch den aktuellen Eintrag
im Projekt-Logbuch!)
Völlig unsinnig, auch nur ein Quentchen Kraft
an Klagen über den Stand der Dinge zu verwenden. Dieses Projekt gibt eine Ahnung, was
möglich ist, wenn es gelingt, verschiedene Instanzen einer Gesellschaft zur Kooperation
zu bewegen. Jetzt geht es für mich darum, diesen Modus weiter auszuloten.
Außerdem ist ein kritisches Befragen der
Situation nicht bloß in die Richtung "der Gesellschaft" angebracht. Ich hatte
reichlich zu staunen, was auf der Seite mancher Kunstschaffender so an Vorstellungen, an
Erwartungen vorherrscht und wie das dann in der Praxis aussieht.
Sehr aufschlußreich war dazu ein
Plauderstündchen mit Kunsthistroikerin Elisabeth Arlt, die als Mitarbeiterin des "Pavelhaus" (nahe Radkersburg)
auch gerade mit der Abwicklung einer Ausstellung im Rahmen des Festivals "steirischer
herbst" befaßt war.
Arlt, hier bei einer Salat-Meditation in der
Gleisdorfer "Kirchtavern", wo es auch die beste Art der "Würschtl mit
Saft" in dieser Region gibt, macht teils vergleichbare Erfahrungen. Manche
Kunstschaffende stolpern mit höchst unrealistischen Vorstellungen durch den Betrieb.
Es erscheint mir recht nützlich, das zu
erfahren und sich darüber auszutauschen. Ich werde hier noch davon erzählen, weil es
unter anderem auch kulturpolitische Fragestellungen berührt.
[Dokumentation]
Gestern Abend war freilich noch Gelegenheit,
aus diesen laufenden Ereignissen in eine ganz andere Situation zu gehen. Jürgen Kapeller,
mit dem ich im Februar 2000 das Projekt "kultur.at" gestartet hab, bleibt nun
noch ein Jahr auf den 50er.
Zum 49er stellte sich mein Dämon Vogeltanz
mit seiner Deutung von Jürgen und seiner Frau Michaela ein. Ich hatte außerdem
Gelegenheit, mit einem Mann zu plaudern, der einen Riley aus den 1930er-Jahren fährt, was
den Umgang mit einer Maschine aus einer völlig anderen Welt bedeutet.
Sehr interessant fand ich dann auch das
Gespräch mit einer Muslima, deren Leute aus Afghanistan stammen. Sie erzählte mir, daß,
wenn ich es recht verstanden habe, Muslime annehmen, in den Kindern seien
"Schutzengel" präsent. Woraus sich ergibt, daß man seinen Schutzengel
mißhandelt und damit Gott beleidigt, wenn man sein Kind schlägt.
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