27. Juni 2007
Eben noch war die Hitze schwer erträglich. Zwei Tage kam
die Sonne kaum durch die Wolken. Die Temperatur-Differenz ist nun erheblich. Mitten im
Regen hat dieser Mann die Aufgabe Stein zu schneiden. Das Sägeblatt reicht vom Boden bis
zur Hüfte, ist ein furchterregender Teil der Maschine.
Was für ein Kontrast zur Ruine der Vorwoche. Wenn also Mittel und Kraft vorhanden sind, um
Strukturen neu zu schaffen oder Vorhandenes zu erneuern.
So kann es aussehen, wenn jemand seinen Lebensraum
verläßt, lebend oder tot, ich weiß es nicht, und niemand hat Gründe, die
Hinterlassenschaft an sich zu nehmen. Natürlich fallen einem dazu leicht jene Klagen ein,
die zu hören sind, wenn wieder einmal jemand unbemerkt verstorben ist und Wochen oder
Monate niemandem abging.
Aber das handelt eben ganz unaufgeregt von Existenzen im
urbanen Leben einer Massengesellschaft. Nach unseren jüngsten Debatten zum "City Upgrade"
würde ich es (polemisch verkürzt) unter anderem darauf zurückführen, daß die
Wohnungen zu groß und komfortabel geworden sind, während der öffentliche Raum als ein
(politischer) Raum "allgemeiner Anwesenheit" nicht gerade durch Zufall
schrumpft. Es ist also sehr einladend, sich zurückzuziehen ... aus welchen Gründen auch
immer.
Auf der Suche, besser: beim Fragen nach kulturellen Formen
menschlicher Anwesenheit im öffentlichen Raum bleibt man schließlich nicht bei Agora und
Pnyx der griechischen Antike hängen. Da wäre auch noch die "orientalische"
Variante namens "Mahala".
Architekt Grigor Doytchinov rückte mir meine ersten,
flüchtigen Vorstellungen von einer Mahala gerade etwas zurecht:
>>mahala ist doch ein stadtteil oder eine
gruppierung von häusern. kann sehr indirekt als komplex gesehen werden, d.h. als
"ein haus" in dem alles, von arbeit bis schlafen, läuft.<<
Ich habe bei der türkischen Künstlerin Deniz Gül
nachgefragt, ob sie den Begriff kennt:
>>yes, there is mahalle. it is like miryana
told about the "divan". i know it is also in india<<
Ich werde sicher bald mehr darüber wissen. Einstweilen
staune ich über weitere Belege, in welchem Ausmaß Automobile uns den öffentlichen Raum
verstellen. Und selbst wo dieser Raum schon den Fahrzeugen gewidmet ist, macht man
einander den Platz noch streitig.
Wie gestern in Gleisdorf, wo einem auf dem Einbahn-Ring
ganz unübersehbar der Verkehr zweispurig ENTGEGENkommt, falls man es in die andere
Richtung versucht:
Aber wer weiß, vielleicht wärmt sich da ganz links bloß
ein Stuntman für seinen Job auf. Oder jemand meinte: Vaflixt, ich werd heute gar nicht
munter. Ich brauche dringend einen Adrenalinstoß.
Cut!
Der Zeithistoriker Bernd Stöver hat eben
ein opulentes Buch über den "Kalten Krieg" publiziert. Es ist aus zweierlei
Gründen für mich interessant. Erstens: Stöver konnte sich auf die Auswertung vieler
Dokumente stützen, die unlängst noch gar nicht zugänglich waren. Zweitens: So ergibt
sich eine sehr fundierte Ausleuchtung jener Ära, die in Stimmungen, ideologischen
Positionen und Gerüchten meine Kindheit durchdrungen, dominiert hat.
Etwa in der Mitte des Buches findet man dieses Zitat. Ein
bescheidener Hinweis auf einen der Punkte, den Stöver zu klären versuchte. Ob nämlich
hier etwas Fragmentarisches gewirkt hat oder ob das ein globales Ereignis war. Stövers
Befund: Weltumfassend.
Cut!
Weil ich gestern
über unseren vormaligen Präsidenten Kurt Waldheim und Fragen nach Verantwortung
geschrieben habe, hier eine Notiz aus der Vorwoche, die solchen Aspekten gewidmet ist. Es
interessiert mich ja sehr, was ein Präsident genau meint, wenn er öffentlich sagt:
"Ich übernehme dafür die Verantwortung:"
>>Serbiens Präsident entschuldigte sich bei
Kroatien In einer bisher einmaligen Geste hat sich der serbische Präsident Tadic am
Samstag bei den kroatischen Opfern des Kriegs von 1991 bis 1995 entschuldigt. "Ich
möchte mich im Namen meines Volkes bei allen Kroaten entschuldigen, die Schaden erlitten.
Ich übernehme dafür die Verantwortung", sagte Tadic im kroatischen Fernsehen.
Es ist das erste Mal, dass sich ein serbisches
Staatsoberhaupt für den Krieg entschuldigte, der etwa 20.000 Menschen das Leben kostete.
Ausgelöst wurde der Krieg 1991 durch die kroatische Unabhängigkeitserklärung. Von
Belgrad unterstützte Rebellen besetzten daraufhin ein Drittel der kroatischen Gebiete und
vertrieben die nicht-serbische Bevölkerung. Die Präsidenten Kroatiens und Serbien-
Montenegros, Mesic und Marovic, hatten sich schon 2003 für die in dem Krieg begangenen
"Übel" entschuldigt.<< (Quelle: "APA")
[Der
"Balkan-Reflex"]
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