15. April 2007
Ein entlegener Gehsteig. So standen die Schuhe in der Nacht
da, so waren sie tags darauf noch vorzufinden. Es ist eine reizvolle Vorstellung, den
privaten Raum derart weit hinaus in den öffentlichen zu verlegen. Vor allem in einer
Zeit, da einerseits massiv ausgedünnt wird, was man sich unter einer bürgerlichen
Öffentlichkeit vorstellen mag, wo andrerseits private Companies vormals
öffentlichen Raum in ihr Eigentum übernehmen.
Aus einer Erörterung mit dem Philosophen Erwin Fiala sind
mir einige Überlegungen sehr präsent geblieben: Gemeinsame Erfahrungshintergründe.
Und: Es gibt keine allgemeine Bildung mehr. Jeder schafft sich seine eigene Welt. So
läßt sich nicht mehr überprüfen, was wahr ist und was falsch. (Siehe dazu auch
den Eintrag vom 3. April!)
Dabei ist mir dann aufgefallen: Was Literaturwissenschafter
Klaus Zeyringer einerseits an den Bedingungen und Modi eingeführter Kanonices kritisiert,
handelt andrerseits von eben diesen Möglichkeiten, gemeinsame Erfahrungshintergründe
herzustellen und zu beleuchten.
Wenn also zum Beispiel Konsens herrscht, daß es sich
lohnt, bestimmte Romane zu lesen, habe ich und teile ich dann mit anderen Stoffe, die zur
Debatte stehen können. Das gilt auch für verwandte Bereiche. Oder ist es egal, wenn jede
Begrifflichkeit gerade mal ein leerer Container ist, der mit beliebigen Inhalten befüllt
werden kann?
Ich hab unlängst
erwähnt, daß eine Schriftstellerin in einer Kontroverse mir zugeworfen hat, sie könne
mich ja auch einen Faschisten nennen. Das illustriert ein Fehlen solcher mit einander
geteilter Hintergründe. Denn es ist reichlich absurd, Begriffe ganz beliebig anzuwenden,
ohne dabei deren euingeführte Bedeutungs-Inhalte und die eigenen Intentionen zur
Diskussion zu stellen. So spricht der Kommissar und der Despot, die sagen: "Das ist
das! Schluß!"
Kleiner Schwenk! Turnschuhe.
"Bürgerliche Öffentlichkeit". Kanonifizierte Romane ... Zeyringer verweist im
Kapitel "Kritik der Kritik" auf ein interessantes Dilemma:
>>Andrerseits bedeutete die Literatur dem
Bürgertum ein Instrument des Selbstbewußtseins und der Position gegen Absolutismus sowie
Ständegesellschaft. Kurz:<<
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