6. November 2006
Diese Heckflosse ist absolut unverkennbar. Die Kombiversion
des Trabant steht da im abendlichen Graz. Das Kuriose daran ist das Grazer Kennzeichen. Da
gibt es also einen österreichischen Enthusiasten, der sich bei den heimischen Abgasnormen
und einigen anderen Widerständen technischer Prüfer durchgesetzt haben mag. Der Wagen
steht im gleichen Viertel wie der Lada, den ich
da, ebenfalls mit heimischem Kennzeichen, entdeckt hatte.
Cut!
>>Yesterday, and days before, Sun is cold and rain
is hard,...<<
Es ist ja unmöglich, sich in einem zivilisierten Land
vorzustellen, man könne jemandem per Gericht das Singen verbieten lassen. Aber es war mir
dieser Tage danach. Denn ich habe Rod Steward gehört, wie er Have You Ever Seen The
Rain? sang. Das ist in zweierlei Hinsicht niederschmetternd. Erstens ruiniert er
diesen wunderbaren CCR-Song aus Zeiten, da wurde so unbarmherzig schnörkellos gespielt,
das kann man sich heute kaum mehr vorstellen. (Die Nummer ist 1970 auf dem Album
Pendulum erschienen.)
Zweitens belegt der Vorfall, wie verkommen Steward
inzwischen ist. Ich war ja einst sein Fan. Als er noch den Small Faces
angehört hat. Mindestens bis zu jenem Soloschritt, der zu Never A Dull Moment
geführt hat. Ein Motto, das seinerzeit sogar eines meiner Ratten-Eisen
geziert hat. Was bringt ihn bloß dazu, sich heute an der Stimme von John Fogerty zu
messen? Wo er neben ihm wie ein gestrandeter Tenor im zwanzigsten Jahr seiner Krise wirkt.
Cut!
>>why do they call you? what IS your job?
depository for horror stories?? <<
... fragte Roloff nach dem
merkwürdigen Vorfall während meines Besuches der Gleisdorfer Rotkreuz-Station. Da war
die Nachricht vom Selbstmord des Mannes hereingekommen. Ich hatte es vorgestern erwähnt. Worauf eine altgediente Sanitäterin in der Runde
sagte: "Von einer Minute auf die andere hast du noch gelacht und dann kommt's
anders."
>>Und da liegt er dann der Arme. 85 Jahre.<<
Wurde mir danach noch von jemandem erzählt, der vor
Ort gewesen ist.
Läßt mich an einen Song von "Antony And The Johnsons"
denken:
>>Hope there's someone / Who'll take care of me
/ When I die, will I go / Hope there's someone / Who'll set my heart free / Nice to hold
when I'm tired ...<<
Nein, ich werde natürlich nicht gerufen, wenn solche Dinge
passieren. Aber ich schreibe diese kleinen Reportagen, die zu den laufenden Kosten meines
Lebens ein weit verläßlicheres Budget beitragen, als meine künstlerische Arbeit, die
sich der Markttauglichkeit immer weniger annähert, wie sich zeigt.
Ich habe unlängst gehört, das würde demonstrieren, daß
ich nun "Teil des Systems" sei. Eine merkwürdige Vorstellung, die da
durchschimmert. Nämlich: Was das sein mag, eben NICHT "Teil des Systems" zu
sein. Welchen Systems? Naja, so irgendwie: diese Gesellschaft, dieser Markt etc.
Ich war überrascht gewesen. Und hatte auf jeden Fall
angemerkt, man möge mich von diesem Podest herunterlassen. Diese ärgerliche Phantasie
konventionell "Werktätiger", die sich Kunstschaffende in einer Art von
Autonomie zurechtträumen, da fällt nicht nur jede Realität des Kunstbetriebes unter den
Tisch. Da bleiben auch vertraute soziale Systeme auf der Strecke.
Da möge man als Kunstschaffender ein Fabeltier außerhalb
aller vertrauten Kategorien sein, marktferne Lichtgestalt von der moralischen Grundhaltung
eines Bettelmönches und mit der spirituellen Autorität des Dalai Lama ausgestattet ...
na, das sind lustige Phantasien. Aber sie handeln wesentlich nicht von realen Existenzen.
[kontakt] [reset] [krusche] |