20. Juli 2006
Es ist hier unterm Dach noch nicht so heiß, daß ich
zwischen die hohen Bäume des Stadtparks ausweichen müßte. Aber es war nun Zeit, die
Fenster abzukleben. Was über einige Stunden einen Vorteil von einigen Grad bringt.
Zur Tageshitze fügt sich der Begriff Siesta.
Den mir Übersetzer Michael
Roloff grade zugespielt hat. Weil ich ihm meine Müdigkeit als Grund für erlahmende
Korrespondenz genannt hatte. Denn ich nicke manchmal mit geschwollenem Hirn über all den
Texten und Papieren ein, über all dem Geschriebenen, das für teilweise ganz
gegensätzliche Zwecke in Form und auf Punkte gebracht werden will.
Roloff fragte: overworked doing what??? got a great
nite's sleep, which means that i did so, uniniterrupted, for 6 hours +. rearng to finish H
etc. a good siesta to the overworked in the cultural fields. Was auch darauf
hinweist, daß Muße etwas sehr Förderliches ist. In unserer Kultur heute als Müßiggang
herabgewürdigt, als ein Nichtstun. Was es nicht ist und nie war. Damit wird es ja eher
von Menschen verwechselt, die ihre frei verfügbare Zeit vorzugsweise vor dem TV-Gerät
absitzen.
Ich hatte Roloff gegenüber erwähnt, daß meine Arbeit als
Künstler kaum markttauglich sei, weshalb das nötige Geld aus anderen Quellen kommen
müsse. Er fragte: a painter is what you mean by artist? xxx mr Was ich für
ein Mißverständnis hielt. Denn ich habe mich noch nie als einen Maler betrachtet. Das
schrieb ich ihm auch. Worauf er antwortete: YOU'RE A PAINTER!!! Und kurz
darauf: OR A MINIMALIST WAGNER OF SORTS!!
Verblüffende Ansichten ...
Cut!
Grade hab ich gelesen, durch eine Flutwelle, einige tausend
Kilometer von uns entfernt, seien so ungefähr 350 Menschen um ihr Leben gekommen, etwa
200 vermißt. Das hat etwas von Erbsenzählen. Was ist das eigentlich? Das ist
Informations-Karaoke. So verbraucht Redaktionspersonal Zeit und mediale Ressourcen, um
sich eigentliches Informationsgeschäft zu ersparen. Das uns mit Faktenlagen und Deutungen
von Zusammenhängen erreichen sollte, die unsere Denk- und Handlungsmöglichkeiten
berühren. Ich hab's gestern zitiert. Das
"Zaubern zielbewußter Zerstreuung". Informations-Karaoke zaubert Zerstreuung.
Was ungefähr das Gegenteil von Konzentration ist. (Zerstreuung, die schlaffe Schwester
der Muße.)
Cut!
Sprachregelungen
markieren Positionen. Sie helfen einem bei der Orientierung. Was meint wohl der
oststeirische Zeitungsmacher Hannes Krois, wenn er >>linkslinken
"Deutschenfresser(n)"<< in seiner Kolumne etwas ausrichtet? (Quelle:
"Süd-Ost Journal")
Er meint damit vor allem, daß er sich, obwohl Journalist, auf dem Sprachfeld sehr
unsicher fühlt. Weil ja linker als links nichts sein kann. Was wollte Krois andeuten?
Daß ihn alles links von meiner Omi beunruhigt? Zumal
wir ja unter "Deutschenfressern" in den letzten 100 Jahren eher nicht zu leiden
hatten. Während "gute Deutsche", und da vor allem Provinzjournalisten,
Deutschlehrer und andere Regionalgrößen, verstärkt durch literarische Talente wie ein
Peter Rosegger, etwa ab Ende des 19, Jahrhunderts sich mächtig ins Zeug gelegt haben. |
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Im Verfassen von Texten, die ihre slawischen
Mitmenschen auf infame Art herabgewürdigt haben. So schrieb etwa der oststeirische
Priester Ottokar Kernstock, dem in dieser Region noch manche frisch polierte Denkmäler
gewidmet sind, in seinem Bändchen "Turmschwalben":
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Steh' auf, Herr,
noch ist's nicht zu spät!
Sieh uns gesellt in Treuen!
Hör das vereinte Schlachtgebet
Der Pfaffen und der Laien!
Und tötet uns die Teufelsbrut,
Soll das vergoss'ne deutsche Blut
Mit Macht zum Himmel schreien:
O Herr, der uns am Kreuz erlöst,
Erlös' uns von der Hunnenpest!
Kyrie eleison! |
Was ihn nach heutigem
Sprachgebrauch wohl als "Haßprediger" qualifizieren würde. Aber zurück zum
Journalisten Hannes Krois, der schon mal Leserbriefe abdruckt, in denen er aus den Reihen
der Mitarbeiter des Blattes für seine Kolumne gelobt wird.
So schrieb sein "Arsch- und
Tittenmaler" "Tomax", alias Thomas Meixner (in der Ausgabe vom 17. Mai
2006), den Krois ebenso mit einer Kolumne würdigt, wie jenen Brigadier, dem die
Demokratie offensichtlich so, wie sie ist, überhaupt nicht gefällt. (Hier das "Manifest" des Tomax. Zur
Demokratietauglichkeit des hochrangigen Offiziers siehe den Eintrag vom 31. März 2006!)
Während also "Slawenfresserei",
gezielte Herabwürdigung von slawischstämmigen Menschen, eine in Druckwerken nachweisbare
Kontinuität von rund einem Jahrhundert hat, muß man die von Krois behauptete
"Deutschenfresserei" in diesem Zusammenhang mühsam suchen. Statt dessen findet
man freilich harsche Kritik. Durch die ja niemand gefressen wird. Kritik an den
Konsequenzen und an den fehlenden Konsequenzen. Dessen, daß im 20. Jahrhundert die
Anweisungen zu furchtbarsten Verbrechen, die man erdenken kann, in deutscher Sprache
gegeben wurden.
Kritik daran, daß das Leugnen und die
Ausreden zum Holocaust und all seinen Querverbindungen vor allem in deutscher Sprache
vorgebracht wurden. Das ist zwar links von meiner Omi aufgestellt, aber
"linkslinks" erklärt nicht, worum es da eigentlich geht.
[Wir
Kinder des Kalten Krieges]
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